Landschaftszeichnungen ohne Menschen und Häuser sind in della Bellas Œuvre relativ selten nachweisbar. Diese Studie ist vor allem hinsichtlich der Zeichentechnik von Interesse, denn della Bella entwickelte den rechten Baum ausschließlich aus kleinen Strichen, ohne eine feste Konturlinie vorzugeben. Erst die menschliche Seherfahrung und -erwartung fügt dieses Strichgebilde zu einem Baum zusammen. Beim linken Baum geht della Bella anders vor, indem er dem Stamm deutliche Kontur gibt und diesen wie auch Teile des Laubwerks durch relativ flüchtige Lavierung belebt.
Auf den ersten Blick ähnlich wirkt eine Baumstudie in der Biblioteca Marucelliana in Florenz, bei der das Laubwerk ebenfalls aus kleinen Strichen und Häkchen gebildet ist.(Anm. 1) Allerdings ist der Baumstamm stärker konturiert und relativ sorgfältig laviert. Aufgrund dieser technischen Unterschiede ist denkbar, dass beide Blätter zu unterschiedlichen Zeiten entstanden sind. Dem linken Baum auf der Hamburger Zeichnung ähnelt ein Baum auf einer Landschaft mit reitendem Hirten in Florenz, wobei dort die Lavierung des Stammes zurückhaltender ist.(Anm. 2)
Eine für della Bella eher untypische Variante der hier beschriebenen Baumstudien zeigen Blätter in Florenz mit ihrer sehr exakten Anlage der Parallelschraffen am Stamm und dem aus sehr kleinen Strichen bestehenden, penibel gezeichneten Laubwerk.(Anm. 3)

1967 erworben als Bestandteil eines Klebebandes; vgl. Inv.-Nr. 1967-70.

David Klemm

1 Florenz, Biblioteca Marucelliana, Inv.-Nr. Vol. D 37.
2 Florenz, Gabinetto Disegni e Stampe degli Uffizi, Inv.-Nr. 361 P.
3 Florenz, Gabinetto Disegni e Stampe degli Uffizi, Inv.-Nr. 320 P, Inv.-Nr. 849 P. Diese Zeichnung lässt zudem das für della Bella so typische, durch kurze Striche hervorgerufene, leicht „flimmernde“ Element vermissen.