Rembrandt Harmensz. van Rijn, Kopie?
Rembrandt Harmensz. van Rijn, Kopie?
Während Harzen das Blatt als Selbstbildnis Rembrandts inventarisierte, äußerte bereits Hofstede de Groot Zweifel an der Eigenhändigkeit. Diese Bedenken teilte Valentiner,(Anm.1) der das Blatt als Kopie nach einem um 1627 anzusetzenden, heute verschollenen Selbstbildnis Rembrandts aus der ehemaligen Sammlung des Grafen Tarnowski bestimmen konnte.(Anm.2)
In der Tat charakterisiert der gleichmäßig abschattierte Blattgrund die Gemäldekopie, und der Zusammenhang mit dem von Valentiner erwähnten Bild ist frappant. Bei Übereinstimmungen in Physiognomie, Haartracht, Kopfwendung, Kleidung und Schattierung unterscheidet sich unser Blatt von dem Gemälde lediglich in dem gesenkten, nach innen gekehrten Blick.(Anm.3) Der so erzielte empfindsame Ausdruck stützt die auch stilistisch nahe liegende Datierung in das 18. Jahrhundert.(Anm.4) Leider sind die Reste einer vielleicht eigenhändigen Signatur in der linken oberen Blattecke kaum mehr zu entziffern.
Annemarie Stefes
1 Mitteilung vom August 1919, laut Karteinotiz im Archiv des Kupferstichkabinetts.
2 Wilhelm R. Valentiner: Wiedergefundene Gemälde Rembrandts, Klassiker der Kunst, Bd. 27, Stuttgart, Berlin 1921, Abb. 4; vgl. Röver-Kann, in: Rembrandt, oder nicht? Zeichnungen von Rembrandt und seinem Kreis aus den Hamburger und Bremer Kupferstichkabinetten, bearb. v. Anne Röver-Kann, Anne Buschhoff, Ausst.-Kat. Kunsthalle Bremen, Ostfildern-Ruit 2000, S. 144.
3 Auf dem Rembrandt zugeschriebenen Gemälde hingegen sind die Augen weiter geöffnet und erinnern in ihrem erschreckten oder überraschten Ausdruck an radierte Affektporträts des Künstlers, z. B. „Selbstbildnis mit gerunzelter Stirn“, H. 10, vgl. Röver-Kann, in: Rembrandt, oder nicht? Zeichnungen von Rembrandt und seinem Kreis aus den Hamburger und Bremer Kupferstichkabinetten, bearb. v. Anne Röver-Kann, Anne Buschhoff, Ausst.-Kat. Kunsthalle Bremen, Ostfildern-Ruit 2000, S. 144.
4 Röver-Kann, in: Rembrandt, oder nicht? Zeichnungen von Rembrandt und seinem Kreis aus den Hamburger und Bremer Kupferstichkabinetten, bearb. v. Anne Röver-Kann, Anne Buschhoff, Ausst.-Kat. Kunsthalle Bremen, Ostfildern-Ruit 2000, S. 144.
Details zu diesem Werk
Beschriftung
Oben links Reste einer ausgelöschten, vielleicht eigenhändigen Beischrift (Feder in Braun)
Bezeichnet oben links: "P [?]... R[?] qier [?]" (Feder in Braun, ausgelöscht, kaum zu erkennen); verso bezeichnet oben Mitte: "6 10 / 0 0 [im Kreuz]" (Feder in Braun); unterhalb davon von gleicher Hand: "Por Rijnbrant" (Feder in Braun); unterhalb davon in Spiegelschrift wohl von gleicher Hand: "Por Rembrand" (Feder in Braun, mehrfach wiederholt, Rest unleserlich); unten Mitte Stempel der Hamburger Kunsthalle (L. 1328)Wasserzeichen / Kettenlinien
Teil eines Wasserzeichens, Heawood deest, wie ein dreifach verdrehtes Band oder drei mandelförmige Perlen, Rahmen eines Schildes?
23-24 mm (h)
Provenienz
Georg Ernst Harzen (1790-1863), Hamburg (L. 1244) (NH Ad:01:02, fol. 52: "Rembrant van Rhyn. Sein {eigentl} eigenes jugendliches Bildnis in Kreide wohl ausgeführt und mit der Feder retouchirt."; NH Ad: 02: 01, S. 266); Legat Harzen 1863 an die „Städtische Gallerie“ Hamburg; 1868 der Stadt übereignet für die 1869 eröffnete Kunsthalle
Bibliographie
Annemarie Stefes, Leonore van Sloten, Leonoor van Oosterzee: Tekenen in Rembrandts tijd. Meesterwerken uit de Hamburger Kunsthalle, Ausst.-Kat. Museum Het Rembrandthuis, Amsterdam 2012, S.124, Nr.93, Abb.S. 43
Stefes, Annemarie: Niederländische Zeichnungen 1450-1850. Katalog II van Musscher - Zegelaar, hrsg. von Gaßner, Hubertus und Stolzenburg, Andreas, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 3, Böhlau Verlag Köln Weimar Wien 2011, S.466-467, Nr.864
Rembrandt, oder nicht? Zeichnungen von Rembrandt und seinem Kreis aus den Hamburger und Bremer Kupferstichkabinetten, Ausst.-Kat. Kunsthalle Bremen, Ostfildern-Ruit 2000, S.28, Nr.80 mit Abb.
Anne Röver-Kann: Rembrandt, oder nicht? Zur Sammlungsgeschichte dieser Zeichnungen in Hamburg und Bremen, in: Rembrandt, oder nicht? Zeichnungen von Rembrandt und seinem Kreis aus den Hamburger und Bremer Kupferstichkabinetten, Ausst.-Kat. Kunsthalle Bremen, Ostfildern-Ruit 2000, S. 24-29, S.28
Cornelis Hofstede de Groot: Die Handzeichnungen Rembrandts. Versuch eines beschreibenden und kritischen Kataloges, Haarlem 1906, S.84, Nr.347