Pieter Cornelisz. Kunst, (?) Aert Claesz., ehemals zugeschrieben
Joseph wird von seinen Brüdern in den Brunnen geworfen, 1530
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Pieter Cornelisz. Kunst, (?) Aert Claesz., ehemals zugeschrieben

Joseph wird von seinen Brüdern in den Brunnen geworfen, 1530

Pieter Cornelisz. Kunst, (?) Aert Claesz., ehemals zugeschrieben

Joseph wird von seinen Brüdern in den Brunnen geworfen, 1530

Mit ihren Hirtenstäben stoßen die eifersüchtigen Brüder Joseph in eine Art Grotte, die hier den ausgetrockneten Brunnen des biblischen Berichts darstellt. Im Vordergrund wird der Ziegenbock geschlachtet, mit dessen Blut der Mantel Josephs getränkt werden sollte. So konnten die Brüder ihren Vater glauben lassen, sein Sohn sei von einem wilden Tier getötet worden (1. Mose 37,23–34).
In gleicher Manier ausgeführt und der gleichen Folge zugehörig sind je eine Zeichnung in Braunschweig, München und London.(Anm.1) Vermutlich handelt es sich um Entwürfe für eine Gruppe heute nicht mehr erhaltener Glasscheiben.(Anm.2) Darüber hinaus wurde die Zeichnung von Robert Willemsz. de Baudous (um 1575–1644) für eine 12-teilige Folge im Gegensinn gestochen.(Anm.3) Griffelspuren kennzeichnen unser Blatt als direkte Stechervorlage; gleiches gilt für die Zeichnungen in Braunschweig und London. Die Verso-Inschrift ist vermutlich von gleicher Hand wie eine entsprechende Bezeichnung der Braunschweiger Zeichnung und deutet auf gemeinsame Provenienz.(Anm.4)
Die Zuschreibung dieser Gruppe an Pieter Cornelisz. Kunst, erstmals vorgeschlagen von Ludwig von Baldass (Anm.5), wird von den meisten Autoren akzeptiert. Eine Ausnahme bilden Bruyn, der die Gruppe Allaert Claesz. zuordnet, ebenso von Heusinger und Andrews mit Blick auf die alte Aufschrift der Braunschweiger Zeichnung.(Anm.6) Eine von Bruyn als Anhaltspunkt genannte Zeichnung in Leiden (Anm.7) steht unserem Blatt stilistisch jedoch weniger nahe als die Gruppe monogrammierter Federzeichnungen.(Anm.8) Diese werden mitunter aufgrund des unklaren Monogramms auch als Arbeiten eines „Monogrammisten DC“ geführt.(Anm.9)

Annemarie Stefes

1 „Joseph wird von seinen Brüdern verkauft“, Braunschweig, Herzog Anton Ulrich-Museum, Kupferstichkabinett, Inv.-Nr. Z 993, von Christian von Heusinger: Die Handzeichnungssammlung. Geschichte und Bestand. Katalog zu Tafelband I, Braunschweig 1997, S. 327; „Joseph wird an Potiphar verkauft“, München, Staatliche Graphische Sammlung, Inv.-Nr. 16; „Joseph empfängt seine Brüder in Ägypten“, London, British Museum, Department of Prints and Drawings, Inv.-Nr. 1911,0413.1. Auf diesen seriellen Kontext verwies erstmals Arthur E. Popham: Dutch and Flemish Drawings of the XV and XVI centuries, Catalogue of Drawings by Dutch and Flemish Artists preserved in the Department of Prints and Drawings in the British Museum, Bd. 5, London 1932.
2 Vgl. Bevers, in: Holm Bevers: Niederländische Zeichnungen des 16. Jahrhunderts in der Staatlichen Graphischen Sammlung, Ausst.-Kat. München, Staatliche Graphische Sammlung, München 1989, S. 29.
3 H. 1–12, dort fälschlich als Kopien nach Lucas van Leyden bezeichnet.
4 Ebenfalls mit Feder in Braun, „Die broeders Josef vnyt (?) den püt holdende bedocht hebben hem die Midioniten verkocht“.
5 Mündlich, 6. 11. 1917, vgl. Gustav Pauli: Zeichnungen alter Meister in der Kunsthalle zu Hamburg. Niederländer, hrsg. von Hamburger Kunsthalle, Veröffentlichungen der Prestel-Gesellschaft, Bd. 12, Frankfurt am Main 1926.
6 Josua Bruyn: Twee St. Antonius-panelen en andere werken van Aertgen van Leyden, in: Nederlands Kunsthistorisch Jaerboek 11, 1960, S. 37-119; Christian von Heusinger: Die Handzeichnungssammlung. Geschichte und Bestand. Katalog zu Tafelband I, Braunschweig 1997, S. 327.
7 Leiden, Prentenkabinet der Universiteit, Inv.-Nr. PK-T-2160, Josua Bruyn: Some Drawings by Pieter Aertsen, in: Master Drawings 3, 1965, S. 355-368, Abb. 19; John Oliver Hand, J. R. Judson, William W. Robinson, Martha Wolff: The Age of Brueghel. Netherlandish Drawings in the Sixteenth Century, Ausst.-Kat. Washington D.C., National Gallery of Art, New York, Pierpont Morgan Library, New Haven 1986, Nr. 1; Kunst voor de Beeldenstorm. Noordnederlandse kunst 1525-1580, hrsg. von Jan Piet Filedt Kok, W. Halsema-Kubes, Wouter Th. Kloek, 2 Bde., Ausst.-Kat. Rijksmuseum, Amsterdam, 's-Gravenhage 1986, S. 163.
8 Z. B. „Das Freikaufen der Gefangenen“ aus einer Folge der „Sieben Werke der Barmherzigkeit“, London, British Museum, Department of Prints and Drawings, Inv.-Nr. 1921,1012.5, 1524, abgebildet, in: Kunst voor de Beeldenstorm. Noordnederlandse kunst 1525-1580, hrsg. von Jan Piet Filedt Kok, W. Halsema-Kubes, Wouter Th. Kloek, 2 Bde., Ausst.-Kat. Rijksmuseum, Amsterdam, 's-Gravenhage 1986, Nr. 49. Von den „Allaert Claesz.-Zeichnungen“ unterscheidet sich unser Blatt vor allem in den sorgfältiger definierten Gesichtszügen und der konzentrierten Schraffur.
9 Vgl. Kunst voor de Beeldenstorm. Noordnederlandse kunst 1525-1580, hrsg. von Jan Piet Filedt Kok, W. Halsema-Kubes, Wouter Th. Kloek, 2 Bde., Ausst.-Kat. Rijksmuseum, Amsterdam, 's-Gravenhage 1986, Nr. 49; Holm Bevers: Niederländische Zeichnungen des 16. Jahrhunderts in der Staatlichen Graphischen Sammlung, Ausst.-Kat. München, Staatliche Graphische Sammlung, München 1989, Nr. 21–22; vgl. ebd. zu der Problematik der Händescheidung innerhalb der Leidener Schule um 1530. Auch Marijn Schapelhouman hielt es für möglich, dass sich hinter dem Monogramm „PC“ bzw. „DC“ eine aus mehreren Künstlern bestehende Werkstatt verbirgt, Symposium „Niederländische Altmeisterzeichnungen 1500 bis 1800“ am 21. und 22. 2. 2008 im Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Verso bezeichnet oben Mitte: "Om_e die broeders hare_ nijdt te wreecken / hebben hem in ee_ droghe put ghesteecke_" (Feder in Braun, 16./17. Jh.); Mitte nummeriert: "65" (Graphit); u. l. L. 1328; unten rechts bezeichnet: "Aertgen van Leyden" (Bleistift)

Wasserzeichen / Kettenlinien

Hand, Heawood deest, ohne Stern, mit kleiner Daumenfalte, unterteilten Finger, schlankem, leicht abgespreiztem Daumen, rechts und links wulstiger Manschette
25-27 mm (v)

Provenienz

laut Harzen Thomas Richter (1728-1773), Leipzig (nicht bei Lugt); Georg Ernst Harzen (1790-1863), Hamburg (L. 1244) (NH Ad:01:04, fol. 134: "Aertgen van Leyden (16. Jahrh) Joseph wird von seinen Brüdern in eine Cisterne gelassen; einer von ihnen schlachtet einen Widder und tränkt sein Gewand mit dessen Blute. Auf der Rückseite die Schrift {Hac} die broeders haren nydt uittewerken hebben hem in een droghen put ghesteeken. Tüchtige Federzeichnung aus dem Anfang des 16. Jahrh 7.5.9.6"; NH Ad: 02: 01, S. 235: "Richter"); Legat Harzen 1863 an die „Städtische Gallerie“ Hamburg; 1868 der Stadt übereignet für die 1869 eröffnete Kunsthalle

Bibliographie

Stefes, Annemarie: Niederländische Zeichnungen 1450-1850. Katalog I Van Aken-Murant, hrsg. von Gaßner, Hubertus und Stolzenburg, Andreas, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 3, Böhlau Verlag Köln Weimar Wien 2011, S.173, Nr.222

Niederländische Zeichnungen des 16. Jahrhunderts in der Staatlichen Graphischen Sammlung, Ausst.-Kat. Staatliche Graphische Sammlung, München 1989, S.28-29, Abb.15

J. Q. van Regteren Altena: Aertgen van Leyden, in: Oud Holland 56, 1939, , S.233, bei Nr. 123

Paul Wescher: Holländische Zeichner zur Zeit des Lucas van Leiden, in: Oud Holland 1928, Nr. 45, S. 245-254, S.253, Nr.1

Arthur E. Popham: Dutch and Flemish Drawings of the XV and XVI centuries, Catalogue of Drawings by Dutch and Flemish Artists preserved in the Department of Prints and Drawings in the British Museum, Bd. 5, London 1932, S.11, bei Kat. Nr. 2

Gustav Pauli: Zeichnungen alter Meister in der Kunsthalle zu Hamburg. Niederländer, hrsg. von Hamburger Kunsthalle, Veröffentlichungen der Prestel-Gesellschaft, Bd. 12, Frankfurt a. M. 1926, Abb.Taf. 3

Josua Bruyn: Twee St. Antonius-panelen en andere werken van Aertgen van Leyden, in: Nederlands Kunsthistorisch Jaerboek 11, 1960, S. 37-119, S.87-88, 90-91, 113, Nr.13, Abb.27

Karel G. Boon: The Netherlandish and German Drawings of the XVth and XVIth Centuries of the Frits Lugt Collection. Addenda & Indexes, Bd. 2, Paris 1992, S.239, 240