Philipp Otto Runge
Raucher und Raucherin aus Amager (Kopenhagen), 1800
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Philipp Otto Runge

Raucher und Raucherin aus Amager (Kopenhagen), 1800

Philipp Otto Runge

Raucher und Raucherin aus Amager (Kopenhagen), 1800

Daniel Runge berichtet, dass sich Runge der Gattung Genre nur „in kleinen Zeichnungen und flüchtigen Skizzen“ gewidmet habe. Bereits aus frühester Jugend haben sich solche Zeichnungen erhalten, die Runge wiederholt auch später noch ausführte. Von einem Ausflug 1800 in Kopenhagen stammt das vorliegende Blatt, „ein Amacker Mann und Frau, beide sitzend und Tabak rauchend.“ (Anm. 1) Bereits am 25. März 1800 hatte Runge von den auffallenden Trachten auf der heute zu Kopenhagen gehörenden Insel Amager berichtet, „die alle merkwürdig jung sind und wovon ich bey Gelegenheit einige liefern werde“. (Anm. 2)
Stubbe hatte angenommen, dass die Zeichnung bereits auf der Pfingsten 1800 zusammen mit Böhndel und dem Handelsmann Mühlholtz unternommenen Fußwanderung durch das nördliche Seeland entstanden sei (Anm. 3). Zwar wird in Runges Reisebeschreibung auch das Treiben auf dem Markt in Amager erwähnt (Anm. 4), doch wird man Daniels Bericht Glauben schenken dürfen, dass die Zeichnung auf einem Ausflug von Kopenhagen aus entstand.
Das als reine Umrisszeichnung, bei der nicht zwischen an- und abschwellenden Linien unterschieden wird, gegebene Blatt ist ohne die Kenntnis der Tischbein- und Flaxman-Illustrationen, die Runge im Frühjahr 1800 kennenlernte, nicht denkbar (Anm. 5). Runge hatte sich am 23. August 1800 für eine Ausgabe der Flaxman-Stiche bedankt (Anm. 6); da sich Runge auf seiner Zeichnung bereits von Flaxmans etwas schematischer Linienführung ablöst, die bei ihm lebendiger wirkt, hat Traeger eine Entstehung erst „einige Monate“ nach der Seelandreise angenommen.
Das Haltungsmotiv des Rauchers taucht später sehr ähnlich in der Figur Josephs für die „Flucht nach Ägypten“ wieder auf (vgl. Inv. Nr. 34154).

Peter Prange

1 Vgl. HS I, S. 368.
2 Zitiert nach Philipp Otto Runge. Briefe in der Urfassung, hrsg. von Karl Friedrich Degner, Berlin 1940, S. 43.
3 Runge 1960, S. 8, Nr. 31.
4 Vgl. HS I, S. 374.
5 Traeger 1975, S. 146.
6 Brief vom 23. August 1800 an Daniel, vgl. HS II, S. 54.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Verso unten links von der Hand Daniel Runges nachträglich bezeichnet: "P O Runge" (Feder in Grau); am unteren Rand rechts nachträglich bezeichnet: "Amacker. Mann und Frau" (Bleistift)

Provenienz

Nachlass des Künstlers; ab 1810 im Besitz des Bruders Johann Daniel Runge (1767-1856), Hamburg; nach dessen Tod am 12. 3. 1856 im Besitz der Witwe Philipp Otto Runges, Pauline Runge (1785-1881), geb. Bassenge; als deren Geschenk an den Kunstverein in Hamburg, 30. 4. 1856 (Hamburger Kunsthalle, Archiv des Kupferstichkabinetts, Archiv Nr. 307, Catalog der Sammlung des Kunst-Vereins in Hamburg, S. , Nr. 495 d1/3: "6 Bt. Skizzen: Köpfe und Figuren, unter anderem Amakar,Mann und Frau Tabak rauchend. Tusch, Feder und Bleifeder. Copenhagen 1800/1. 4to & qfol."); Geschenk des Kunstvereins in Hamburg an das Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle, 1891

Bibliographie

Marianne Saabye und Anna Schram Vejlby: Til låns. Hamburger Kunsthalle gæster Hirschsprung, Ausst.-Kat. Den Hirschsprung Samling, København 2013, Abb.S. 30

Kosmos Runge. Der Morgen der Romantik. Katalogteil, hrsg. von Markus Bertsch, Uwe Fleckner, Jenns Howoldt, Andreas Stolzenburg, München 2010, S.108, 385, Nr.67, Abb.

Jörg Traeger: Aus Philipp Otto Runges Anfängen als Maler. Eine frühe Fassung der "Ruhe auf der Flucht". Mit Bemerkungen zu Otto Sigismund Runge, in: Zeitschrift für Kunstgeschichte 55, 1992, Nr. 4, S. 463-482, S.473, Abb., Abb.14

Philipp Otto Runge: Philipp Otto Runge. Briefe und Schriften, hrsg. von Peter Betthausen, Berlin 1981, S.326, Abb.3

Runge in seiner Zeit, hrsg. von Werner Hofmann, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle 1977, S.84, Nr.29, Abb.

Jörg Traeger: Philipp Otto Runge und sein Werk. Monographie und kritischer Katalog, München 1975, S.29, 61, 146, 293, Nr.146, Abb.

Jahrbuch der Hamburger Kunstsammlungen, hrsg. von Hamburger Kunsthalle und Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg, Bd. 19, 1974, S.13-36

Sigrid Hinz: Philipp Otto Runge, Berlin 1973, S.16

Gunnar Berefelt: Philipp Otto Runge zwischen Aufbruch und Opposition 1777-1802, Stockholm Studies in History of Art, Bd. 7, Stockholm 1961, S.103-104, Anm. 9, 167, 169, Anm. 8, 205, Abb.16

Philipp Otto Runge 23. Juli 1777 Wolgast - 2. Dezember Hamburg 1810. Zeichnungen und Scherenschnitte. Gedächtnis-Ausstellung in der Hamburger Kunsthalle aus Anlaß der 150. Wiederkehr seines Todestages, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle 1960, S.8, Nr.31

Fünfhundert Jahre Universität Greifswald. Ausst. im Hause der Kunstbibliothek, ehem. Staatliche Museen Berlin (West) 29. Mai - 30. Junit 1956, , S.137

Charlotte Hintze: Kopenhagen und die deutsche Malerei um 1800, München 1937, S.68-69

Otto Böttcher: Philipp Otto Runge. Sein Leben, Wirken und Schaffen, Hamburg 1937, S.141

Gustav Pauli: Philipp Otto Runges Zeichnungen und Scherenschnitte in der Kunsthalle zu Hamburg, Berlin 1916, S.27, Nr.10

Philipp Otto Runge: Hinterlassene Schriften, hrsg. von Daniel Runge, Bd. 1, Hamburg 1840 (Reprint: Göttingen 1965), S.368