Philipp Otto Runge
Achill und Skamandros (Studie zur "Weimarer Preisaufgabe"), 1801
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Philipp Otto Runge

Achill und Skamandros (Studie zur "Weimarer Preisaufgabe"), 1801

Philipp Otto Runge

Achill und Skamandros (Studie zur "Weimarer Preisaufgabe"), 1801

Nachdem Runge die Idee, Achill von hinten darzustellen (vgl. Inv. Nr. 34224), verworfen hatte, brachte er daraufhin „eine sehr imponierende Stellung des Achill’s zuwege, worin ich alsdann das andre einpaßte; Skamandros griff ihn gradezu mit dem Ruder an, allein Achill trotzte ihm bloß durch seine Eil, ohne sich mit Waffen zu vertheidigen. Ich war noch immer zu nichts Deutlichem gekommen, zeigte Demiani die Skizze und hatte selbst schon einzuwenden, daß der Xanthos sich wohl zu sehr körperlich bemühe, da er doch eigentlich schon an sich die Uebermacht habe. D. gab mir hierin Recht, bemerkte aber auch, daß man eigentlich nicht sehen könne, daß Achill über den Baum gehen wolle, da er nur eben vorn herauskomme.“ (Anm. 1)
Die Komposition entspricht in ihrer friesartigen Abwicklung der Figurengruppe weitgehend noch Inv. Nr. 34224, doch erreicht Runge durch die Neupositionierung von Achill einen stärkeren Bezug der Figuren untereinander. Es entsteht eine direkte Konfrontation zwischen Achill und Skamandros, wie sie auf Inv. Nr. 34224 durch den wehenden Mantel Skamandros‘ und Achills Schild nicht wirklich möglich war. Die beiden Kontrahenten wenden sich nun einander zu, Stab und Ruder berühren sich fast. Auch Figurenüberschneidungen heben den reinen Flächenbezug auf; dies gilt auch für die Landschaft, die neben Achill in einen Ausblick auf die Silhouette des antiken Troja geöffnet wird.
Die Figur des Achill ist bereits früh vorgeprägt in der Figur eines Kriegers mit Schild und Lanze (vgl. Inv. Nr. 1938-108); auch die Figur des gefallenen Trojaners rechts hat Berefelt im Typus auf antike Sarkophagreliefs zurückgeführt (Anm. 2), während Bertsch die Abhängigkeit von Abilgaard – namentlich von der liegenden Figur des Culmin in dessen Gemälde „Culmins Geist erscheint seiner Mutter“ – betont hat (Anm. 3).
Pauli und ihm darin folgend Stubbe (Anm. 4) sowie Kamphausen hatten vermutet, dass es sich bei dem vorliegenden Blatt um den ersten Kompositionsentwurf zum Thema handelt, doch belegt Daniels Überlieferung, Achill hätte sich ohne Waffen verteidigt, dass es sich um den zweiten Entwurf in der Chronologie handeln muss.

Peter Prange

1 Brief vom 7. August 1801 an Daniel, vgl. HS II, S. 77.
2 Berefelt 1961, S. 232.
3 Nicolai Abilgaard, Culmins Geist erscheint seiner Mutter, Öl/Lw, 63 x 78 cm, Stockholm, Nationalmuseum, Inv. Nr. NM 4471, vgl. Bertsch 2009, S. 26.
4 Runge 1960, S. 11, Nr. 53.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Unten rechts nummeriert: "3577" (Bleistift; Inv.-Nr. des Lichtwark-Inventars); auf dem Verso unten rechts nummeriert: "17" (Bleistift)

Provenienz

Nachlass des Künstlers; ab 1810 im Besitz des Bruders Johann Daniel Runge (1767-1856), Hamburg; nach dessen Tod am 12. 3. 1856 im Besitz der Witwe Philipp Otto Runges, Pauline Runge (1785-1881), geb. Bassenge; als deren Geschenk an den Kunstverein in Hamburg, 30. 4. 1856 (Hamburger Kunsthalle, Archiv des Kupferstichkabinetts, Archiv Nr. 307, Catalog der Sammlung des Kunst-Vereins in Hamburg, S. 106, Nr. 495 i 1/9: "9 Bt. Achilles und Skamandros. Dresden 1801. ... 5, anderer Entwurf, Skamander hält einen Spaten in die Höhe. Tusche. Royfol."); Geschenk des Kunstvereins in Hamburg an das Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle, 1891

Bibliographie

Kosmos Runge. Der Morgen der Romantik. Katalogteil, hrsg. von Markus Bertsch, Uwe Fleckner, Jenns Howoldt, Andreas Stolzenburg, München 2010, S.82, 116, 385, Nr.71, Abb.

Nicolai Abildgaard. Der Lehrer von Friedrich und Runge, hrsg. von Jenns E. Howoldt und Hubertus Gaßner, Ausst.-.Kat. Hamburg 2009, S.26, Abb. 17

Akademische Prägungen? Zur Abildgaard-Rezeption im Werk von Asmus Jakob Carstens, Caspar David Friedrich und Philipp Otto Runge, in: Nicolai Abilgaard. Der Lehrer von Friedrich und Runge, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle, Hamburg 2009, S.26, Abb. 17

Stephanie Jacobs: Auf der Suche nach einer neuen Kunst. Konzepte der Moderne im 19. Jahrhundert. Runge - Goethe, Grandville - Delord, Schwind - Mörike, Manet - Mallarmé, Weimar 2000, zugl. Berlin, Univ., Diss. 1998, S.38, Abb.6

Wiedergeburt griechischer Götter und Helden.Homer in der Kunst der Goethezeit, Mainz: Philipp von Zabern 1999, S.130, Nr.IV. 33

Goethe und die Kunst, hrsg. von Sabine Schulze, Ausst.-Kat. Schirn Kunsthalle, Frankfurt; Kunstsammlungen zu Weimar, Stuttgart 1994, S.334, Abb., Nr.208

Sarah Symmons: Flaxman and Europe. The Outline Illustrations and their Influence, New. York, London 1984, S.217, Abb.Taf. 72

Runge in seiner Zeit, hrsg. von Werner Hofmann, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle 1977, S.85, 86, 96, Nr.47, Abb.S. 97

Jörg Traeger: Philipp Otto Runge und sein Werk. Monographie und kritischer Katalog, München 1975, S.119, 311-312, Nr.198, Abb.

Jahrbuch der Hamburger Kunstsammlungen, hrsg. von Hamburger Kunsthalle und Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg, Bd. 19, 1974, S.13-36

Kamphausen, Alfred: Philipp Otto Runges Beteiligung an den Weimarer Preisafugaben, in : Nordelbingen 34,, 1965, S.193, 198, Abb.1

Philipp Otto Runge: Hinterlassene Schriften, hrsg. von Daniel Runge, Bd. 2, Hamburg 1841 (Reprint: Göttingen 1965), S.77

Kunst in Dresden 18.-20. Jahrhundert. Aquarelle - Zeichnungen - Druckgraphik. Ausstellung zur Erinnerung an die Gründung der Dresdner Kunstakademie 1746, Ausst.-Kat. Kurpfälzisches Museum, Heidelberg 1964, S.133, Nr.567

Gunnar Berefelt: Philipp Otto Runge zwischen Aufbruch und Opposition 1777-1802, Stockholm Studies in History of Art, Bd. 7, Stockholm 1961, S.205, Anm. 8, 209, 230, 232, Abb.149

Philipp Otto Runge 23. Juli 1777 Wolgast - 2. Dezember Hamburg 1810. Zeichnungen und Scherenschnitte. Gedächtnis-Ausstellung in der Hamburger Kunsthalle aus Anlaß der 150. Wiederkehr seines Todestages, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle 1960, S.11, Nr.53

Romantik im deutschen Norden. Sonderausstellung der Freunde der Kunsthalle e.V., Hamburg, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle 1937, Nr.17

Goethe-Ausstellung. Sächsischer Kunstverein zu Dresden,, S.71, Nr.307

Deutsche Kunst im Zeitalter Goethes. Ausstel. 13. März - 10. April 1932 unter Mitwirkung der Ludwigsgalerie München durch Paul Cassirer, Berlin, S.34, Abb.183

Gustav Pauli: Philipp Otto Runges Zeichnungen und Scherenschnitte in der Kunsthalle zu Hamburg, Berlin 1916, S.29, Nr.26

Jahresbericht der Kunsthalle zu Hamburg für 1892, Hamburg 1893, S.48