Die auf dem Blatt vermerkte Zuweisung an Luca Giordano ist zunächst einleuchtend, da einige Figuren sicher auf Ideen dieses Künstlers zurückgehen. So finden sich z. B. Christus und der ihn stützende Mann im Vordergrund in sehr ähnlicher Form auf einer heute in Benevent verwahrten „Kreuzabnahme“ (Anm.1) und auf einem Gemälde in der Galleria Nazionale in Neapel (Anm.2). Der Mann auf der Leiter entspricht weitgehend der rechten Figur der „Grablegung“ in der Kirche Pio Monte della Misericordia in Neapel.(Anm.3) Eine gut vergleichbare, allerdings seitenverkehrte Komposition findet sich auf der „Kreuzabnahme“ in Siena, Museo all’ Opera del Duomo, datiert 1681/82.(Anm.4)
Trotz dieser zahlreichen Übereinstimmungen ist ein der Hamburger Zeichnung genau entsprechendes Gemälde Giordanos nicht nachweisbar.
Generell bilden derart sorgfältig ausgeführte Blätter in Giordanos zeichnerischem Nachlass offensichtlich die große Ausnahme. Diese Beobachtung wie auch die insgesamt kompilatorische Art der Komposition lassen vermuten, dass hier die Zeichnung eines Nachahmers Luca Giordanos vorliegt. Dennoch ist nicht auszuschließen, dass das Blatt eine verlorene Gesamtkomposition des Künstlers dokumentiert.

David Klemm

1 Benevent, Museo del Sannio, in deposito dal Museo e Gallerie Nazionali di Capodimonte, Napoli; Oreste Ferrari, Giuseppe Scavizzi: Luca Giordano. L’opera completa, 2 Bde., Neapel 1992, A 217, Abb. 290.
2 Vgl. die Abb. bei Vincenzo Golzio: Seicento e Settecento, Bd. 1, Turin 1960, S. 831, Nr. 655.
3 Oreste Ferrari, Giuseppe Scavizzi: Luca Giordano, 1966, 3 Bde., Neapel 1966, II, S. 90–91, III, Abb. 148.
4 Vgl. Oreste Ferrari, Giuseppe Scavizzi: Luca Giordano. L’opera completa, 2 Bde., Neapel 1992, S. 306, A 327 b, Abb. 432.