Johannes (1) Moninckx
Operation am Kopf, 1628
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Johannes (1) Moninckx

Operation am Kopf, 1628

Johannes (1) Moninckx

Operation am Kopf, 1628

Ähnlich wie die Zeichnungen von Willem de Heer (Inv.-Nr. 22027, 22028) ist auch dieses Blatt ein Beispiel für archaisierende Tendenzen in der Genrekunst des 17. Jahrhunderts.
Schon Harzen bemerkte den Zusammenhang mit dem mehr als 100 Jahre älteren Kupferstich des Lucas van Leyden, der unserem Blatt offensichtlich als Inspiration diente (H. 156, 1524). In beiden Fällen ist ein sogenannter Steinschneider dargestellt, der jedoch keinen Gallen- oder Nierenstein, sondern einen fiktiven Stein aus dem Kopf entfernt. Eine derartige Operation ist sinnbildlich zu verstehen in Anlehnung an die niederländische Redensarten „Hij heeft een kei in zijn hoofd“ bzw. „Hij wordt van de kei besneden“ („Er hat einen Stein in seinem Kopf“; „Ihm wird der Stein herausgeschnitten“), wobei der Stein als Symbol für die Dummheit und Verführbarkeit des Menschen zu verstehen ist und die Operation selbst den Patienten noch lächerlicher erscheinen lässt.(Anm.1)
Die Hamburger Zeichnung gehört zu den wenigen für Johannes Moninckx gesicherten Werken. Dieser Künstler ist ansonsten nahezu unbekannt. Das bislang einzig ihm zuschreibbare Gemälde befindet sich in Dessau.(Anm.2) 1996 wurde eine „J. Moninckx“ bezeichnete Zeichnung versteigert, die jedoch in Technik und Stil keine Berührungspunkte zu dem Hamburger Blatt aufweist; eher handelt es sich um eine Arbeit des Cornelis Moninckx.(Anm.3) Es ist jedoch anzunehmen, dass Johannes Moninckx weitere Arbeiten im Stil des Hamburger Blattes gezeichnet hat. Darauf verweist zumindest ein auf der Auktion Oudaan (1766) beschriebener „Chirurgyns Winkel“.(Anm.4) Darüber hinaus kann ihm wohl eine in Technik und Stil verwandte Darstellung „Vespernder Bäuerinnen“ zugeschrieben werden, die kürzlich ebenfalls unter dem Namen des Cornelis Moninckx versteigert wurde.(Anm.5)

Annemarie Stefes

1 Vgl. Philipp Ackermann: Textfunktion und Bild in Genreszenen der niederländischen Graphik des 17. Jahrhunderts, Diss., Univ., Bonn 1993, S. 67. Eines der frühesten Beispiele ist das Gemälde „Das Steinschneiden“ von Hieronymus Bosch, Madrid, Museo del Prado, Inv.-Nr. 2065; vgl. D. Bax: Hieronymus Bosch. His picture-writing deciphered, Rotterdam 1979, S. 272 mit Verweis auf weitere Literatur. Vgl. auch mit Stichen der Bruegel-Nachfolge, René van Bastelaer: Les estampes de Peter Bruegel l'ancien, Brüssel 1908, Nr. 192 und 193, Pieter Bruegel invenit. Das druckgraphische Werk, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle 2001, Nr. 83 und 28; vgl. Mirror of Everyday Life. Genreprints in the Netherlands 1550-1700, bearb. v. Eddy de Jongh, Ger Luijten Ausst.-Kat. Amsterdam, Rijksprentenkabinet, Ghent 1997, Nr. 60.
2 „Amalia von Solms mit ihrer Entourage bei den Heilquellen in Spa“, um 1630, Anhaltische Gemäldegalerie Dessau, Inv.-Nr. 429, Alexandra Nina Bauer: Anhaltische Gemäldegalerie Dessau. Die holländischen Gemälde des 17. und 18. Jahrhunderts, Kataloge der Anhaltischen Gemäldegalerie Dessau, Bd. 13, 2005, Nr. 429, die Anfangsbuchstaben der Signatur wie auf dem Hamburger Blatt.
3 „Kinder bei einem Grab“, Aukt.-Kat. Amsterdam, Christie’s, 11.11.1996, Nr. 115. Die Zeichnung trägt die zusätzliche Bezeichnung „terburg“, womit ein Bezug zu Cornelis Moninckx (1620/25–66) gegeben ist, der möglicherweise eine Tochter des Gerard ter Borch geheiratet hatte, vgl. RKD artists. Cornelis Moninckx werden auch zwei mit Graphit auf Pergament gearbeitete Zeichnungen in Düsseldorf zugeschrieben: „Zechende Bauern“, signiert „C. Moninckx fecit“ und „Rauchende Bauern“, Düsseldorf, museum kunst palast, Sammlung der Kunstakademie (NRW), Inv.-Nr. 24/313 (247 x 331 mm) und Inv.-Nr. 24/312 (222 x 288 mm), Eckhard Schaar: Niederländische Handzeichnungen 1500-1800 aus dem Kunstmuseum Düsseldorf, Ausst.-Kat. Düsseldorf, Städtische Kunsthalle, Düsseldorf 1968, Nr. 76 und 77.
4 Auktion Michiel Oudaan, Rotterdam 1766 (Lugt Ventes 1561), S. 98, Nr. 70: „Een Chirurgyns Winkel, door Moninx“ („Eine Chirurgen-Praxis, durch Moninx“).
5 Aukt.-Kat. Amsterdam, Christie’s, 8. 11. 2000, Nr. 42, 216 x 201 mm, als Cornelis Moninckx.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Signiert und datiert rechts auf unterster Schublade: "JMoninx. [ligiert] fe. / 1628" (Feder in Braun)

Auf dem Verso unten links Stempel der Hamburger Kunsthalle (L. 1328)

Wasserzeichen / Kettenlinien

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Provenienz

Georg Ernst Harzen (1790-1863), Hamburg (L. 1244) (NH Ad:01:02, fol. 45: "J. Moninx (v 1606 a 1686?) Ein alter Wundarzt operiert am Ohre eines Leidenden, dem ein Mann den Kopf hält, während ein anderer {mit einem} ein großes Becken bereit hält: hinten ein Schrank mit Instrumenten und Flaschen. Bez J. Moninx fc 1628 Ganz mit der Feder, meisterlich und {sorgfältig} hoch vollendet. in L. van Leydens Manier ausgeführt; Schmertz, angestrengte Aufmerksamkeit und Th..... sind in den Köpfen auf das Lebendigste ausgedrückt. Auf Pergament 5.4.4.6"; NH Ad: 02: 01, S. 258); Legat Harzen 1863 an die „Städtische Gallerie“ Hamburg; 1868 der Stadt übereignet für die 1869 eröffnete Kunsthalle

Bibliographie

Stefes, Annemarie: Niederländische Zeichnungen 1450-1850. Katalog I Van Aken-Murant, hrsg. von Gaßner, Hubertus und Stolzenburg, Andreas, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 3, Böhlau Verlag Köln Weimar Wien 2011, S.388, Nr.682