Jan Asselijn, Zeichner, Kopie?
Studie einer Hauswand, erste Hälfte 17. Jh.?
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Jan Asselijn, Zeichner, Kopie?

Studie einer Hauswand, erste Hälfte 17. Jh.?

Jan Asselijn, Zeichner, Kopie?

Studie einer Hauswand, erste Hälfte 17. Jh.?

Die Zeichnung lag unter den anonymen Niederländern als „Art des Thomas Wyck“, bevor sie 1989 von Steland Asselijn zugewiesen wurde. Als stilistische Anhaltspunkte dienten einige Skizzenbuchblätter in London, darunter die im Motiv verwandte „Rückansicht eines Hauses“.(Anm.1)
Allerdings wirkt unser Blatt neben diesen Arbeiten auffallend blass mit seinen zarten Konturlinien und der stellenweise nur angedeuteten Schattierung.
Die sich daraus ergebenden Zweifel werden bestätigt durch den Vergleich mit einer im wesentlichen übereinstimmenden Fassung in Berlin, ursprünglich Jan Both zugeordnet, von Steland aber ebenfalls Asselijn zugeschrieben.(Anm.2) Steland hielt beide Blätter für „in Motiv, Technik und Zeichenstil identische“ eigenhändige Varianten.(Anm.3) Dagegen sprechen indes das unprätentiöse Motiv und vor allem die übereinstimmende Perspektive: Eigenhändige Varianten zeigen ein Gebäude in der Regel aus unterschiedlichen Blickpunkten,(Anm.4) während die Zeichnungen in Hamburg und Berlin das Gebäude von exakt demselben Standpunkt wiedergeben und auch in Beleuchtung, Vegetation und Mauerstruktur übereinstimmen. Folglich stammt mindestens eine der beiden Zeichnungen von Kopistenhand – wenn nicht beide Zeichnungen auf ein drittes Exemplar zurückgehen, das sich heute in Besançon befindet.(Anm.5)
Unabhängig davon ist man geneigt, der im Detail präziser gearbeiteten Berliner Zeichnung den Vorzug vor dem Hamburger Blatt zu geben. So wurde auf Inv.-Nr. 1916-32 der Dachvorsprung links mechanisch schraffiert, im Gegensatz zu der durch Licht und Schraffur herausgearbeiteten gerundeten Kante auf der Berliner Zeichnung. Schwächen offenbaren sich auch in den flächigen Vegetationsangaben, und der Übergang zwischen Dach und Mauer bei dem kleinen Anbau rechts ist unbefriedigend gelöst.(Anm.6)
Die Hamburger Zeichnung ist auf altem Papier gearbeitet, könnte jedoch auch später entstanden sein. Zu Werken des Johann Heinrich Roos (1631–1685), dem das Blatt wohl im 18. Jahrhundert zugewiesen wurde, finden sich keine stilistischen Verbindungen.(Anm.7)

Annemarie Stefes

1 London, British Museum, Department of Prints and Drawings, Inv.-Nr. 1871,1209.6331 (192 x 266 mm), Inv.-Nr. 1871,1209.6302 (258 x 197 mm) und Inv.-Nr. 1871,1209.6332 (262 x 199 mm), Anne-Charlotte Steland: Die Zeichnungen des Jan Asselyn, Fridingen 1989, Nr. 104 b, 104g, 104e.
2 Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett, Inv.-Nr. KdZ 12416 als „Jan Both“ (324 x 214 mm), Anne-Charlotte Steland: Die Zeichnungen des Jan Asselyn, Fridingen 1989, Nr. 24.
3 Anne-Charlotte Steland: Die Zeichnungen des Jan Asselyn, Fridingen 1989, S. 150.
4 Vgl. Schatborn, in: Peter Schatborn, Drawn to Warmth. 17th-century Dutch artists in Italy, Ausst.-Kat. Amsterdam, Rijksprentenkabinet, Zwolle 2001, S. 17. Ausnahmen bilden eigene, dabei in der Regel vollständig signierte Repliken, vgl. Michiel C. Plomp: Jan Pietersz. Zomer's inscriptions on drawings, in: Delineavit et Sculpsit 17, 1997, S. 13-27, S. 475 zu je einer Zeichnung in Haarlem, Teylers Museum, Inv.-Nr. P*11 und Amsterdams Historisch Museum, Inv.-Nr. TA 10391, Ben Broos, Marijn Schapelhouman: Nederlandse Tekenaars geboren tussen 1600 en 1660, Oude tekeningen in het bezit van het Amsterdams Historisch Museum, waaronder de collectie Fodor, Bd. 4, Amsterdam/Zwolle 1993, Nr. 185.
5 Besançon, Musée des Beaux-Arts et d’Archéologie, Inv.-Nr. D 473 („Jan Both“), Verweis Anne-Charlotte Steland: Die Zeichnungen des Jan Asselyn, Fridingen 1989, S. 228.
6 Diese Partie ist auch auf der Berliner Zeichnung nicht ganz zufriedenstellend gelöst, womit die Abhängigkeit beider Zeichnungen von einer gemeinsamen Vorlage nahe liegt.
7 Vgl. etwa mit zwei Zeichnungen dieses Künstlers in den Staatlichen Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett, Inv.-Nr. KdZ 6311 und Inv.-Nr. KdZ 6310, Ausst.-Kat. Berlin 1986, Nr. 7 und 39 a für eine grundsätzlich andere Auffassung in der Vegetationswiedergabe.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Unten rechts Spuren einer ausgelöschten Beischrift; auf dem Verso links von der Mitte Stempel der Hamburger Kunsthalle (L. 1233) (durchgestrichen); daneben Doublettenstempel der Hamburger Kunsthalle (L. 1235) mit Datum: "25. 7. 1950" (Bleistift); unten links bezeichnet: "Thomas Wyck, Studie einer Ruine. Schöne Tusch & Kreidezeichnung" (Bleistift, 19./ frühes 20. Jh.); unterhalb davon von anderer Hand bezeichnet : "20 [? zo?]" (Bleistift); unterhalb davon von anderer Hand bezeichnet: "H. Roos" (Bleistift,

Wasserzeichen / Kettenlinien

Narrenkappe, vgl. Heawood 1921 (1638-49)
ca. 24 mm (v)

Provenienz

Geschenk von Frau J. de Boor, 1889

Bibliographie

Stefes, Annemarie: Niederländische Zeichnungen 1450-1850. Katalog I Van Aken-Murant, hrsg. von Gaßner, Hubertus und Stolzenburg, Andreas, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 3, Böhlau Verlag Köln Weimar Wien 2011, S.77-78, Nr.26

Anne-Charlotte Steland: Die Zeichnungen des Jan Asselyn, Fridingen 1989, S.150, 214, 228, Nr.82, Abb.168

Jahresbericht der Kunsthalle zu Hamburg für 1889, Hamburg 1890, S.35, Nr.8