Jacob Duck
Schlafende Frau am Spinnrad, 1630 - 1640
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Jacob Duck

Schlafende Frau am Spinnrad, 1630 - 1640

Jacob Duck

Schlafende Frau am Spinnrad, 1630 - 1640

Auch wenn der Namenszug Ducks von späterer Hand hinzugefügt wurde, kann die Zeichnung doch gut seinem auf die Darstellung schlafender Figuren spezialisierten Œuvre angeschlossen werden. Für den überzeugend wiedergegebenen Kopf der Schläferin mit schlaff hängender Wangen- und Kinnpartie mag er sich auf die Amme von Jan Saenredams nach Goltzius gestochener „Nacht“ bezogen haben (H. 100). In seinem gemalten Werk begegnen vergleichbare Figuren auf der „Absteige“ in München oder der „Verspotteten Schläferin“ in Montreal aus den 1650er Jahren.(Anm.1) Ein in Zürich verauktioniertes Bild zeigt eine schlafende Mutter bei einem Spinnrad.(Anm.2)
Vermutlich stand unserer Zeichnung die Darstellung einer fleißigen Frau als positives Kontrastbeispiel gegenüber. Entsprechende Gegensatzpaare waren im 17. Jahrhundert weit verbreitet, zumal die Tätigkeit des Spinnens im 17. Jahrhundert zum Sinnbild der häuslichen Tugend erhoben wurde.(Anm.3) Auch das erhaltene Gemälde einer „Nähenden Alten“ lässt darauf schließen, dass sich Duck mit diesem Themenkomplex auseinandersetzte und für unsere Zeichnung ein ähnlicher Kontext bestand.(Anm.4) Ducks gemalte Schläferinnen werden in die 1630er Jahre datiert, und in diese Zeit ist auch das Hamburger Blatt anzusetzen. Zusätzlich bestätigt wird diese Einordnung durch eine stilistisch verwandte und in ähnlicher Weise bezeichnete Zeichnung in Lübeck, Ausgangspunkt für die Figur einer wahrsagenden Zigeunerin auf einem Gemälde aus den frühen 1630er Jahren.(Anm.5) Damit gehört das Hamburger Blatt zu den wenigen Zeichnungen, die dem Genremaler Duck zugeschrieben werden können. Ein ebenfalls breit mit Pinsel laviertes Blatt befindet sich in Amsterdam.(Anm.6)

Annemarie Stefes

1 „Die Absteige“, München, Bayerische Staatsgemäldesammlungen, Alte Pinakothek, Inv.-Nr. 1280, Senses and Sins. Dutch Painters of Daily Life in the Seventeenth Century, Ausst.-Kat. Rotterdam, Museum Boijmans Van Beuningen, Frankfurt am Main, Städel Museum und Städtische Galerie, Ostfildern-Ruit 2004, Nr. 15; „Die verspottete Schläferin“, Montreal, Museum of Fine Arts, Inv.-Nr. 1986.8, Nanette Salomon: Jacob Duck and the Gentrification of Dutch Genre Painting, Doornspijk 1998, Abb. 42.
2 Aukt.-Kat. Zürich, Koller, 21. 9. 2007, Nr. 3053 (freundlicher Hinweis von Jochai Rosen).
3 Eddy de Jongh: Tot lering en vermaak: betekenissen van Hollandse genrevoorstellingen uit de zeventiende eeuw, Ausst.-Kat. Amsterdam, Rijksmuseum, Amsterdam 1976, Nr. 3 und 33, Eddy de Jongh, Ger Luijten: Mirror of Everyday Life. Genreprints in the Netherlands 1550-1700, Ausst.-Kat. Amsterdam, Rijksprentenkabinet, Ghent 1997, S. 270 und 370 sowie Franits 1993, S. 30. Zu den schlafenden Frauen im Œuvre Ducks vgl. Nanette Salomon: Jacob Duck and the Gentrification of Dutch Genre Painting, Doornspijk 1998, S. 55, 57 bzw. 91–92 sowie Giltay, in: Senses and Sins. Dutch Painters of Daily Life in the Seventeenth Century, Ausst.-Kat. Rotterdam, Museum Boijmans Van Beuningen, Frankfurt am Main, Städel Museum und Städtische Galerie, Ostfildern-Ruit 2004, Nr. 15 und 16.
4 „Nähende Alte“, Groninger Museum, Inv.-Nr. 2026, Nanette Salomon: Jacob Duck and the Gentrification of Dutch Genre Painting, Doornspijk 1998, Abb. 127 und S. 132; dieses Gemälde wird von Jochai Rosen um 1628/29 datiert (mündlich, 2. 2. 2009).
5 Lübeck, Museum für Kunst- und Kulturgeschichte der Hansestadt Lübeck, St. Annen Museum, Inv.-Nr. AB 194 (Pinsel in Braun, 184 x 140 mm), Werner Sumowski: Drawings of the Rembrandt School. Bd. 3, Dou - Eeckhout, hrsg. von Walter L. Strauss, New York 1980, Nr. 573 als „Abraham van Dyck“; auf die Ähnlichkeit mit der Signatur unserer Zeichnung wies Otto Nauman (Mitteilung per Brief, 25. 2. 1981). Die gemalte „Wahrsagende Zigeunerin“, New York, Metropolitan Museum of Art, Inv.-Nr. 1971.102, Nanette Salomon: Jacob Duck and the Gentrification of Dutch Genre Painting, Doornspijk 1998, Abb. 118 wird von Rosen um 1630/35 datiert (mündlich, 2. 2. 2009).
6 „Wahrsagerin“, Amsterdam, Rijksprentenkabinet, Inv.-Nr. RP-T-1987-7, Jochai Rosen: Jacob Duck and the “Guardroom” Painters: Minor Masters as Inventors in Dutch 17th century Genre Painting, with A Critical Catalogue of Paintings, Drawings and Prints by Jacob Duck (1600-1667), Diss., Univ., Jerusalem 2003, Nr. D-2.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Unten rechts wohl von gleicher Hand wie die Ergänzungen mit Feder bezeichnet: "J. Duck" (Feder in Braun); auf dem Verso unten links Stempel der Hamburger Kunsthalle (L. 1328)

Wasserzeichen / Kettenlinien

Lamm, ähnlich Heawood 2842 (Holland 1649), aber darunter zwei gekreuzte Winkel
24-26 mm (v)

Provenienz

Georg Ernst Harzen (1790-1863), Hamburg (L. 1244) (NH Ad:01:02, fol. 16: "J. Duc Eine Frau ist beym Garnh... auf ihrem Stuhle eingeschlafen. Bez. J. Duck. Kreide Tusche. 6.7.7.11"; NH Ad: 02: 01, S. 248); Legat Harzen 1863 an die „Städtische Gallerie“ Hamburg; 1868 der Stadt übereignet für die 1869 eröffnete Kunsthalle

Bibliographie

Stefes, Annemarie: Niederländische Zeichnungen 1450-1850. Katalog I Van Aken-Murant, hrsg. von Gaßner, Hubertus und Stolzenburg, Andreas, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 3, Böhlau Verlag Köln Weimar Wien 2011, S.191, Nr.261

Jochai Rosen: Jacob Duck and the “Guardroom” Painters: Minor Masters as Inventors in Dutch 17th century Genre Painting, with A Critical Catalogue of Paintings, Drawings and Prints by Jacob Duck (1600-1667), Diss., Univ., Jerusalem 2003, Nr.D 3