In London befindet sich eine skizzenhaftere Fassung dieser Komposition, in einzelnen Elementen abweichend und aus dem Jahre 1792.(Anm.2) Diese Zeichnung gehört zu den sogenannten „Musterzeichnungen“ des Künstlers, die er als Präsentationsvorlage für zukünftige Auftraggeber verwahrte. Erstmals verwies Jane Turner auf diesen Kontext, die 39 der ursprünglich mindestens 800 Zeichnungen dieser Gruppe nachweisen konnte; Leslie Schwartz erweiterte diesen Fundus um weitere 35 Zeichnungen.(Anm.3) Die vorliegende Zeichnung ist unmittelbar von dem Londoner Blatt, der Nr. 616 dieser Materialsammlung abgeleitet und lässt sich stilistisch einer Reihe ähnlich komponierter Sommerlandschaften zur Seite stellen.(Anm.4) Zu einem annähernd maßgleichen Aquarell in Leiden existiert ebenfalls eine flüchtiger gearbeitete Präsentationsvorlage.(Anm.5)
Die auf diesen Zeichnungen dargestellte Landschaft wurde wiederholt mit dem „Gooi“ assoziiert, der Gegend um Hilversum in der Provinz Noord-Holland, ohne dass hier ein konkreter topographischer Anhaltspunkt gegeben wäre. Der auf den meisten dieser Blätter aufzufindende Signaturzusatz „inv. et fec.“ ist grundsätzlich als Kennzeichen für eine Komposition „uyt den gheest“ zu verstehen, also als eigenständige Interpretation tatsächlich gesehener Landschaftsmotive.

Annemarie Stefes

1 Inventar des Kupferstichkabinetts der Hamburger Kunsthalle: „Von Herrn Prof. Pauli als Ersatz für ein von der Fa Goltz, München, nicht wieder angefordertes Aquarell v. Kokoschka. No 1926/40. Näheres s. Akte: Slg. 2 u. A 75“.
1 London, British Museum, Department of Prints and Drawings, Inv.-Nr. 1910,0212.130 (schwarze Kreide, braun laviert, 270 x 355 mm).
2 Jane Shoaf Turner: Jacob Cats and the identification of a 'Pseudo-Goll van Franckenstein Numbering System', in: Master Drawings 28, 1990, S. 323-331; Jane Shoaf Turner: Dutch Drawings in the Pierpont Morgan Library. Seventeenth to Nineteenth Centuries, 2 Bde., New York 2006, Nr. 371; Schwartz 2004, bei Nr. 68 bzw. 2007, Appendix.
3 Vgl. besonders die annähernd formatgleiche Zeichnung im Amsterdams Historisch Museum, Inv.-Nr. TA 10472 (257 x 356 mm, Feder in Braun, Pinsel in Braun, Grau und Aquarell), von Ingrid Oud, Leonoor van Oosterzee: Nederlandse Tekenaars geboren tussen 1660 en 1745, Oude tekeningen in het bezit van de Gemeentemusea van Amsterdam, waaronder de collectie Fodor, Zwolle 1999, Nr. 33 als Pendant zu einem in gleicher Weise gearbeiteten „IJsgezicht“ gleicher Provenienz beschrieben. Weitere verwandte Zeichnungen befinden sich in Haarlem, Teylers Museum, Inv.-Nr. V 46, Leslie A. Schwartz: The Dutch drawings in the Teyler Museum: Artists born between 1740 and 1800, Dutch drawings in the Teyler Museum, Bd. 4, Haarlem 2004, Nr. 73; Amsterdam, Rijksprentenkabinet, Inv.-Nr. RP-T-1992-12/15, Eddy de Jongh, Ger Luijten: Mirror of Everyday Life. Genreprints in the Netherlands 1550-1700, Ausst.-Kat. Amsterdam, Rijksprentenkabinet, Ghent 1997, Nr. 24 a-d.
4 Leiden, Prentenkabinet der Universiteit, Inv.-Nr. PK-P-AW 423 (236 x 360 mm); englischer Privatbesitz, Photo Courtauld Institute, Neg. Nr. 778/11/9 a.