Hermanus van Brussel
Landschaft mit Kate, Bäumen und See,
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Hermanus van Brussel

Landschaft mit Kate, Bäumen und See,

Hermanus van Brussel

Landschaft mit Kate, Bäumen und See

In Gegenüberstellung mit der fälschlich „Hermanus van Brussel“ bezeichneten Inv.-Nr. 21770 werden die stilistischen Unterschiede deutlich: Hier ist der Baumschlag ausschließlich mit Pinsel gesetzt, wodurch ein weicherer Gesamteindruck entsteht. Charakteristisch für die lichthaltigen Kompositionen des Künstlers ist der Kontrast zwischen verschattetem Vordergrund und hell beleuchtetem Kanal.(Anm.1) Der bei niedrigem Augpunkt trotzdem gewährleistete Weitblick unterscheidet das Blatt von den artifizielleren Kompositionen des Egbert van Drielst. Selten im 18. Jahrhundert ist die Ausführung in grauer Tusche auf blauem Papier.
Rückseitig ist ein Teil einer männlichen Aktstudie wiedergegeben. Dies ist in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert. Erstens deutet die Unvollständigkeit auf nachträgliche Beschneidung der Studie: Das Blatt diente also zunächst zum Aktstudium und wurde erst später zum Bildträger für die reifer wirkende Landschaftskomposition. Dies lässt auf einen recht pragmatischen Umgang mit Figurenstudien schließen, wie es ähnlich im Falle der rückseitigen Studie von Inv.-Nr. 22557 (Cornelis Visscher) zu beobachten ist. Zweitens gibt die Aktstudie einen Anhaltspunkt für die zeitliche Einordnung zumindest der Verso-Skizze, die aller Wahrscheinlichkeit nach in der 1772 gegründeten Haarlemer Zeichenakademie („Teekenakademie“) entstanden ist. Von 1782 bis 1785 besuchte Van Brussel die Abschlussklasse, in der ihm das Studium nach dem nackten Modell gestattet war.(Anm.2) Von den später entstandenen Kreideskizzen nach bekleideten Figuren unterscheidet sich diese Akademiestudie auch in ihrem größeren Format.(Anm.3) Ungewöhnlich ist drittens die Überarbeitung mit dem Pinsel, wenn diese nicht als – korrigierender? – Eingriff von anderer Hand gewertet werden soll.

Annemarie Stefes

1 Ähnlichen Kompositionsprinzipen folgt ein Aquarell von 1813, Amsterdam, Rijksprentenkabinet, Inv.-Nr. RP-T-1983-493, Eddy de Jongh, Ger Luijten: Mirror of Everyday Life. Genreprints in the Netherlands 1550-1700, Ausst.-Kat. Amsterdam, Rijksprentenkabinet, Ghent 1997, Nr. 37. Vgl. auch Radierungen des Künstlers, z. B. Bert C. Sliggers: Hermanus van Brussel (1763-1815). Biografie en Catalogus van zijn Prentwerk, in: Delineavit et Sculpsit 20, 1999, S. 2-48, Nr. 10 und 33. Für den fleckig lavierten Himmel vgl. die Vorzeichnung in Haarlem, Noord-Hollands Archief, Inv.-Nr. GAH 14860*, ebd. Nr. 44.
2 Bert C. Sliggers: Hermanus van Brussel (1763-1815). Biografie en Catalogus van zijn Prentwerk, in: Delineavit et Sculpsit 20, 1999, S. 2-48, S. 7; vgl. auch Robert-Jan te Rijdt in einer E-Mail vom 24.9.2008.
3 Vgl. zwei Studien aus der Sammlung der Erben von J. Q. van Regteren Altena, J.Q. van Regteren Altena: Herman van Brussel als Figuurschilder, in: Nederlands Kunsthistorisch Jaarboek 21, 1970, S. 309-317, Abb. 6 und 7; sowie die „Studie eines sitzenden Mannes“, ehemals Sammlung Julius S. Held, Photo RKD.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Auf dem Verso in der Mitte Stempel der Hamburger Kunsthalle (L. 1233); unten links: Stempel der Sammlung Carl Fredrik Christian Rhodin (L. 2179)

Wasserzeichen / Kettenlinien

-
28-32 mm (v)

Verso

Titel verso: Teil einer Studie eines männlichen Aktes

Technik verso: Pinsel in Grau und Schwarz über Skizze in schwarzer Kreide

Provenienz

Carl Fredrik Christian Rhodin (1821-1886), Altona bei Hamburg (L. 2179); Washington von der Hellen (1834-1900), Hamburg, o. Nr.?; Gustav von der Hellen (1879-1966), San Isidro/Argentinien (nicht bei Lugt); Schenkung von der Hellen 1962 an die Hamburger Kunsthalle

Bibliographie

Stefes, Annemarie: Niederländische Zeichnungen 1450-1850. Katalog I Van Aken-Murant, hrsg. von Gaßner, Hubertus und Stolzenburg, Andreas, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 3, Böhlau Verlag Köln Weimar Wien 2011, S.152, Nr.178