Herman Saftleven d.J., (?) Simon de Vlieger, (?)
Straße in Utrecht, rechts der Bijlhouwer-Turm,
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Herman Saftleven d.J., (?) Simon de Vlieger, (?)

Straße in Utrecht, rechts der Bijlhouwer-Turm,

Herman Saftleven d.J., (?) Simon de Vlieger, (?)

Straße in Utrecht, rechts der Bijlhouwer-Turm

Die alte Zuschreibung an Jan Both wurde 1926 auf Anregung Hofstede de Groots aufgegeben zugunsten einer Zuweisung an Herman Saftleven.(Anm.1) Abgelehnt wurde dies von Schulz, der allenfalls den Bezug zu einer verlorenen Zeichnung des Künstlers für möglich hielt. Unlängst wurde das Blatt von Stijn Alsteens mit Simon de Vlieger in Verbindung gebracht, der seine letzten Lebensjahre in Utrecht verbracht haben soll.(Anm.2) Dieser Vorschlag basiert vor allem auf der Nähe zu einem Radierungsentwurf des Künstlers in der steif und ungelenk wirkenden Staffage.(Anm.3) Die mit unbeholfenem Strich angelegten Gebäude erinnern an eine breit gezeichnete „Häuserzeile“ De Vliegers in niederländischem Privatbesitz.(Anm.4) Diese Vergleichsbeispiele werden um 1637/40 angesetzt. Würde diese zeitliche Einordnung auf das Hamburger Blatt übertragen, dann wäre es von den späten Landschaften auf blauem Papier deutlich abzugrenzen.(Anm.5)
Gegen De Vliegers Hand spricht indes die für ihn ganz untypische Farbwirkung. Braunes Lavis auf blauem Trägermaterial lässt sich hingegen im Œuvre Herman Saftlevens öfter beobachten (vgl. Inv.-Nr. 22484a). Da zudem die straffen Figurenkonturen und getupften Gesichtszüge an Zeichnungen des Cornelis Saftleven erinnern,(Anm.6) wäre dies ein indirekter Hinweis auf die Hand des Bruders, der in den 1630er und frühen 1640er Jahren zeitweilig mit dem zwei Jahre älteren Cornelis zusammenarbeitete.(Anm.7) So soll hier unter Vorbehalt die alte Zuordnung beibehalten werden. Eine Frühdatierung könnte die beobachteten Schwächen erklären, und die Nähe zu Zeichnungen De Vliegers ist vielleicht auf dessen Einfluss zurückzuführen.

Annemarie Stefes

1 Karteinotiz im Archiv des Kupferstichkabinetts der Hamburger Kunsthalle.
2 „Not a very strong drawing by de Vlieger“, so Stijn Alsteens auf dem Symposium „Niederländische Altmeisterzeichnungen 1500 bis 1800“ am 21. und 22. 2. 2008 im Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle; vgl. Holland in Linien. Niederländische Meisterzeichnungen des Goldenen Zeitalters aus den Königlich-Belgischen Kunstmuseen Brüssel, Ausst.-Kat. Brüssel, Musées Royaux des Beaux-Arts de Belgique, Amsterdam, Museum het Rembrandthuis, Aachen, Suermondt-Ludwig Museum, Zwijndrecht 2007, Nr. 41.
3 Zu H. 9; Paris, Fondation Custodia, Inv.-Nr. 249, Christiaan P. van Eeghen: Simon de Vlieger as a Draftsman, I: The Pen Drawings, in: Master Drawings 44, 2006, S. 3-47, Abb. 10.
4 Christiaan P. van Eeghen: Simon de Vlieger as a Draftsman, I: The Pen Drawings, in: Master Drawings 44, 2006, S. 3-47, Abb. 9; dieses Blatt diente als Ausgangspunkt für den Hintergrund der Radierung H. 9.
5 Zu der Datierung der Radierungsentwürfe bzw. der Blaupapierlandschaften De Vliegers vgl. Christiaan P. van Eeghen: Simon de Vlieger as a Draftsman, I: The Pen Drawings, in: Master Drawings 44, 2006, S. 3-47, S. 10 bzw. 43.
6 Vgl. Inv..-Nr. 22476 von 1644.
7 Herman Saftleven lebte von 1632 bis 1685 in Utrecht, wo ihn Cornelis wohl zwischen 1634/37 besuchte. 1652 wurde Herman Saftleven Mitglied der Utrechter Lukasgilde; vgl. Wolfgang Schulz: Cornelis Saftleven 1607-1681. Leben und Werke. Mit einem kritischen Katalog der Gemälde und Zeichnungen, Berlin u. a. 1978, S. 27–28 und Adriaan van der Willigen/Fred G. Meijer: ADictionary of Dutch and Flemish Still-Life Painters Working in Oils: 1525-1725, Leiden 2003, S. 175.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Verso oben links L. 2576; M. bez.: "Jan Both del (?) / 1610-1650 Aus Gawet's, Wiesboecks und / J. D. Böhms Sammlungen / Geschenk des Herrn J. C. D. Hebich / 1868" (Bleistift); und links L. 1233; unterhalb davon L. 1442; unterhalb davon L. 271; unterhalb davon evtl. L. 272, überklebt

Wasserzeichen / Kettenlinien

-
22-23 mm (v)

Provenienz

Franz Gawet (1762 oder 1765-1847), Wien (ohne bzw. mit verdeckter Marke); Joseph Daniel Böhm (1794-1865), Wien (L. 271 u. 1442, evtl. L. 272); Carl Wiesböck (1811-1874), Wien (L. 2576), Nr. 348; Johann Carl Dietrich Hebich (1818-1891), Hamburg (s. L. 1250-1251); Geschenk an den Kunstverein Juni 1868 (Kunstverein Hamburg, fol. 195, Nr. 1291. "Jan Both"); Geschenk des Kunstvereins 1892

Bibliographie

Stefes, Annemarie: Niederländische Zeichnungen 1450-1850. Katalog II van Musscher - Zegelaar, hrsg. von Gaßner, Hubertus und Stolzenburg, Andreas, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 3, Böhlau Verlag Köln Weimar Wien 2011, S.498-499, Nr.929

Wolfgang Schulz: Herman Saftleven 1609-1685. Leben und Werke. Mit einem kritischen Katalog der Gemälde und Zeichnungen, Berlin 1982, S.248, o. Nr.

Jahresbericht der Kunsthalle zu Hamburg für 1892, Hamburg 1893, S.53