Hendrik Kobell, Zeichner
Seeschlacht zwischen Franzosen und Engländern, 1771
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Hendrik Kobell, Zeichner

Seeschlacht zwischen Franzosen und Engländern, 1771

Hendrik Kobell, Zeichner

Seeschlacht zwischen Franzosen und Engländern, 1771

Nach einem Aufenthalt in London, der durch eine 1770 datierte Zeichnung der russischen Kriegsflotte auf der Themse belegt ist,(Anm.1) kehrte Hendrik Kobell wohl im gleichen Jahr zurück in die Niederlande, entschied sich jedoch gegen eine kaufmännische Tätigkeit im väterlichen Betrieb und für eine Laufbahn als Künstler.(Anm. 2) In dieser Zeit, als er in Amsterdam die „Stadtzeichnungsakademie“ („Stadstekenacademie“) besuchte, entstand das vorliegende Blatt.
Die alte Verso-Beischrift bezeichnet die dargestellte Seeschlacht als Gefecht zwischen Franzosen und Portugiesen. Dies ist indes nur in Bezug auf die Beteiligung der Franzosen zutreffend, wie an dem Schiff mit der Lilienflagge ersichtlich ist. Das ihm im Kampf unmittelbar gegenüberliegende Schlachtschiff im Zentrum der Komposition hat die englische Flagge mit dem Georgskreuz gesetzt – die portugiesische Flagge mit den sieben goldenen Kastellen hingegen ist in der gesamten Komposition nicht vertreten.
Eine genaue Bestimmung der Schlacht ist schwer vorzunehmen, sofern es sich nicht um eine Phantasiedarstellung handelt. Stubbes (1963) Einordnung als Kopie nach älterem Vorbild konnte bislang nicht bestätigt werden, es sei denn, man setzt einen Zusammenhang mit einer 1780 erwähnten, offensichtlich ungleich größeren aquarellierten Zeichnung voraus, auf der die Seeschlacht vom 31. Mai 1692 zwischen den Franzosen gegen die vereinigte Englische und Holländische Flotte dargestellt war.(Anm. 3) Ebenso gut kann es sich um die Darstellung eines aktuellen Geschehens handeln. Die offenkundige Überlegenheit der englischen Flotte und der durch die Beischrift gegebene Bezug zu Portugal wären vielleicht als Verweis auf die Seeschlacht bei Lagos vor der portugiesischen Küste (18. August 1759) zu interpretieren, in der das französische Mittelmeergeschwader durch die Engländer vernichtet worden war.
Eine aquarellierte, insgesamt aber flüchtiger ausgeführte „Seeschlacht“ Kobells datiert ebenfalls in das Jahr 1771. Vier Jahre später zeichnete Kobell eine „Seeschlacht zwischen Holländern und Briten“.(Anm. 4)

Annemarie Stefes

1 Aukt.-Kat. Amsterdam, Christie’s, 24. 11. 1992, Nr. 345.
2 Roeland van Eijnden, Adriaan van der Willigen: Geschiedenis der vaderlandsche Schilderkunst, sedert de helft der XVIII eeuw, 4 Bde., Haarlem 1816-40, Bd. 2, S. 373–374.
3 Vgl. Aukt.-Kat. Amsterdam, Smitt 1780, S. 63, Nr. 378; diese Zeichnung maß umgerechnet etwa 500 x 642 mm.
4 Aukt.-Kat. Berlin, Bassenge, 28. 11. 1997, Nr. 5602 (170 x 235 mm); Haarlem, Teylers Museum, Inv.-Nr. X 46 (280 x 518 mm), Leslie A. Schwartz: The Dutch drawings in the Teyler Museum: Artists born between 1740 and 1800, Dutch drawings in the Teyler Museum, Bd. 4, Haarlem 2004, Nr. 238.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Unten rechts signiert und datiert auf einem Schiffstrümmer: "Kobell f 1771" (Feder in Braun)

Auf dem Verso unten links Stempel der Sammlung Rhodin (L. 2179); unterhalb davon nummeriert: "8" (Feder in Braun); rechts. daneben bezeichnet.: "Zee battalie tussen de Fransen / en portugeesen" (Bleistift)

Wasserzeichen / Kettenlinien

Löwenwappen, ähnlich Heawood 3149 (England, 1753), aber mit kompletter Inschrift (Pro Patria eiusque Libertate), stärker definierter Krone, unten Buchstabe B
24-25 mm (h)

Provenienz

Carl Fredrik Christian Rhodin (1821-1886), Altona bei Hamburg (L. 2179); Washington von der Hellen (1834-1900), Hamburg, Nr. 267; Gustav von der Hellen (1879-1966), San Isidro/Argentinien (nicht bei Lugt); Schenkung von der Hellen 1962 an die Hamburger Kunsthalle

Bibliographie

Stefes, Annemarie: Niederländische Zeichnungen 1450-1850. Katalog I Van Aken-Murant, hrsg. von Gaßner, Hubertus und Stolzenburg, Andreas, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 3, Böhlau Verlag Köln Weimar Wien 2011, S.315-316, Nr.519

Wolf Stubbe: Die Sammlung von der Hellen, in: Jahrbuch der Hamburger Kunstsammlungen 8, Hamburg 1963, S. 153-180, S.160-161