Giulio Romano, eigentlich Giulio Pippi, zugeschrieben
Gefangennahme Christi,
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Giulio Romano, eigentlich Giulio Pippi, zugeschrieben

Gefangennahme Christi,

Giulio Romano, eigentlich Giulio Pippi, zugeschrieben

Gefangennahme Christi

Die Darstellung der Gefangennahme Christi wurde von Georg Ernst Harzen Giulio Romano zugeschrieben. Dieser Meinung hat sich in der Folgezeit vor allem John Gere angeschlossen, während Philip Pouncey das Blatt eher für eine Nachzeichnung hielt.(Anm.1) Unbestreitbar lässt sich die Komposition hervorragend in das Werk Giulio Romanos einbinden. Derartig gedrängte Figurengruppen finden sich z. B. in dem mehrteiligen „Triumphzug des Scipio“.(Anm.2) Gemeinsam haben beide Entwürfe vor allem die prononciert reliefhafte Wirkung. Zudem finden sich auf dem „Triumphzug“ wie auch auf anderen Studien Giulios Figurentypen, die in Gesicht und Haltung denen des Hamburger Blattes ähneln. So ist zum Beispiel der im Profil gezeigte Kopf der Figur oben links gut vergleichbar mit dem Kopf der sich im linken Vordergrund zurückdrehenden Figur auf dem 5. Blatt der Scipio-Folge.(Anm.3)
Generell lassen die gesamte Anordnung der Szene sowie einige Details vermuten, dass Giulio von nordischen Vorlagen beeinflusst worden ist. So finden sich mehrere ähnliche – wenn auch nicht genau entsprechende – Bildideen in Dürers „Gefangennahme Christi“ der Kupferstichpassion.(Anm.4) Die Haltung des zuschlagenden Petrus’ findet sich in Dürers Kleiner Holzschnittpassion.(Anm.5) Es ist bezeichnend für Giulio, dass er – im Gegensatz zu manchen anderen italienischen Künstlern der Zeit – derartige Anregungen zu eigenständigen Formlösungen umgewandelt hat.
Das Blatt kann nicht nur hinsichtlich der Gesamtkomposition, sondern auch aufgrund der zeichnerischen Qualität der Einzelfiguren als eigenhändiges Werk Giulios in Betracht gezogen werden. Die von Pouncey vermutete Nachzeichnung würde einen hervorragenden Zeichner im unmittelbaren Umkreis Giulios voraussetzen.

David Klemm

1 Kartonnotizen.
2 Vgl. Frederick Hartt: Giulio Romano, 2 Bde., New Haven 1958, II, o. S., Abb. 474–483.
3 Vgl.Frederick Hartt: Giulio Romano, 2 Bde., New Haven 1958, II, o. S., Abb. 478.
4 The Illustrated Bartsch 10 (7), 5 (34). Vgl. z. B. Petrus und Malchus sowie die Schlinge über dem Haupt von Christus.
5 The Illustrated Bartsch 10 (7), 27 (119).

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Auf dem Verso oben links bezeichnet: "Zuccari" (Feder in Braun); unten links Stempel der Hamburger Kunsthalle (L. 1328)

Provenienz

Von Georg Ernst Harzen (1790-1863), Hamburg (L. 1244) 1820 in Rom aus unbekannter Quelle als Giulio Romano erworben (NH Ad : 02 : 01, S. 219); NH Ad : 02 : 01, S. 219 (als Giulio Romano); NH Ad : 01 : 03, fol. 105 (als Giulio Romano): "Die Gefangennahme Christi auf dem Oelberge. Sehr bewegte Gruppe von dreizehn Figuren. Sorgfältig mit der Feder gezeichnet und in Seppia beendigt. 9.9. 8.0."; Legat Harzen 1863 an die "Städtische Gallerie" Hamburg; 1868 der Stadt übereignet für die 1869 eröffnete Kunsthalle

Bibliographie

David Klemm: Italienische Zeichnungen 1450-1800. Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 2, Köln u. a. 2009, S.198, Nr.259