Gerbrand van den Eeckhout
Sitzender Mann in orientalischer Kleidung (König David), vor 1646
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Gerbrand van den Eeckhout

Sitzender Mann in orientalischer Kleidung (König David), vor 1646

Gerbrand van den Eeckhout

Sitzender Mann in orientalischer Kleidung (König David), vor 1646

Ausschlaggebend für die heutige Zuschreibung dieser ehemals Govert Flinck gegebenen Figurenstudie ist der Zusammenhang mit einem Gemälde in Prag. Das ehemals signierte und 1646 datierte Bild hat eine Szene aus dem 1. Buch der Könige zum Thema: „David verspricht Bathseba, Salomon zum Nachfolger zu erheben“ (1. Könige 1, 15–31).(Anm.1) Die Figur des sitzenden König David stimmt im Wesentlichen überein mit der hier skizzierten, von Harzen als „Greis in orientalicher priesterlicher Kleidung“ beschriebenen Figur. Abweichungen finden sich im Faltenwurf und im Kostüm – so sind beispielsweise die Ärmel hier schlichter gehalten – und in dem etwas breiter proportionierten Gesicht.
Auf den Gemäldekontext verwies erstmals Henkel (1943), allerdings nicht mit Bezug auf das Hamburger Blatt, sondern auf eine gezeichnete Replik in Amsterdam.(Anm.2) Diese stimmt mit unserem Blatt im Motiv genau überein, unterscheidet sich aber in der kräftigeren und kontrastreicheren Ausführung. Die weniger differenzierte Schraffur vermittelt nicht in dem Maße zwischen hellen und dunklen Tonwerten wie auf der Hamburger Zeichnung.
Eine im Motiv eng verwandte Figurenstudie nach vermutlich demselben Modell befindet sich in Cambridge (Mass.).(Anm.3) Sie ist flüchtiger und flüssiger gearbeitet und könnte als direktes Ergebnis einer Studiensitzung entstanden sein. Sumowski (1980) setzte unserer Zeichnung eine ähnliche Studie nach dem lebenden Modell voraus. Diese Vermutung konnte bislang nicht bestätigt werden, gleichwohl erscheint angesichts des sorgfältig durchgearbeiteten Hamburger Blattes eine Funktion als gemäldebezogene Detailstudie sinnvoll. Darauf deutet auch die der Malerei entgegenkommende Ausführung mit schwarzer und weißer Kreide auf getöntem Papier.
Die Begegnung zwischen Bathseba und dem alten König David ist auch dargestellt auf einer Zeichnung in New York mit zahlreichen Abweichungen von der gemalten Fassung. Dieses Blatt ist vielleicht als unabhängiges Kunstwerk um 1642/43 entstanden; trotzdem kann es dem Künstler als Ausgangspunkt für die gemalte Komposition gedient haben.(Anm.4)

Annemarie Stefes

1 Prag, Národni Galeri, Inv.-Nr. O 11684, früher signiert und 1646 datiert, Gemälde der Rembrandt-Schüler, 6 Bde., Landau 1983, Bd. 2, Nr. 403. – Von Moltke 1965 hielt noch an der bei Harzen gebräuchlichen Zuschreibung an Flinck fest.
2 Amsterdam, Rijksprentenkabinet, Inv.-Nr. RP-T-1892-A-2546, vgl. Gemälde der Rembrandt-Schüler, 6 Bde., Landau 1983, 1980, S. 1334 (eigenhändige Replik). Henkel beschreibt das ihm im Original nicht bekannte Hamburger Exemplar als Kopie nach der Gemäldefigur.
3 Cambridge (Mass.), Harvard Art Museum/Fogg Museum, Sammlung Maida und George Abrams, Promised Gift, Inv.-Nr. 25.1998.54, Werner Sumowski: Zeichnungen aus dem Rembrandt-Kreis, in: Festschrift to Erik Fischer. European Drawings from six Centuries, Kopenhagen 1990, S. 167-182, 1980, Nr. 724 x.
4 New York, The Metropolitan Museum of Art, Inv.-Nr. 41.187.4; die Diskussion über Datierung und Stellung innerhalb des Œuvres wird diskutiert bei Werner Sumowski: Drawings of the Rembrandt School. Bd. 3, Dou - Eeckhout, hrsg. von Walter L. Strauss, New York 1980, Nr. 605. In der Figur des David steht unser Blatt dem Gemälde ungleich näher als der New Yorker Zeichnung: Man beachte die Positionierung der Beine und der Haltung des rechten Arms sowie die Verzierung von Ärmeln und Mantel. Auf der New Yorker Zeichnung fehlt die prächtige Agraffe, mit der hier der Mantel über der Brust zusammengehalten wird.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Auf dem Verso in der Mitte eine alte Zuschreibung: "G. Flinck" (Bleistift, Kunsthalle); unten links bezeichnet: "9.8 / 14.5" (Bleistift, Harzen); unterhalb davon nummeriert: "No 23.1" (Bleistift); unterhalb davon schwer leserlich bezeichnet: "fm-ooc-." (Bleistift); unten in der Mitte Stempel der Hamburger Kunsthalle (L. 1328)

Wasserzeichen / Kettenlinien

-
ca. 25 mm (v)

Provenienz

Georg Ernst Harzen (1790-1863), Hamburg (L. 1244) (NH Ad:01:02, fol. 23 als "Govert Flinck.": "Ein Greis in orientalicher priesterlicher Kleidung in einem Lesestuhl sitzend; in ganzer Figur. Kreide auf grau Papier, gehöht. 9.8.14.5"; NH Ad: 02: 01, S. 250); Legat Harzen 1863 an die „Städtische Gallerie“ Hamburg; 1868 der Stadt übereignet für die 1869 eröffnete Kunsthalle

Bibliographie

Ger Luijten, Peter Schatborn, Arthur K. Wheelock, jr: Drawings for Paintings in the Age of Rembrandt, Ausst.-Kat. National Gallery of Art, Washington 2016, S.206-211, Abb., Nr.90

Annemarie Stefes, Leonore van Sloten, Leonoor van Oosterzee: Tekenen in Rembrandts tijd. Meesterwerken uit de Hamburger Kunsthalle, Ausst.-Kat. Museum Het Rembrandthuis, Amsterdam 2012, S.121, Nr.31, Abb.S. 69

Stefes, Annemarie: Niederländische Zeichnungen 1450-1850. Katalog I Van Aken-Murant, hrsg. von Gaßner, Hubertus und Stolzenburg, Andreas, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 3, Böhlau Verlag Köln Weimar Wien 2011, S.203-204, Nr.285

Rembrandt, oder nicht? Zeichnungen von Rembrandt und seinem Kreis aus den Hamburger und Bremer Kupferstichkabinetten, Ausst.-Kat. Kunsthalle Bremen, Ostfildern-Ruit 2000, Nr.14 mit Abb.

Rembrandt und sein Jahrhundert, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle 1994, Nr.39, Abb.S. 47

William S. Robinson: Seventeenth-Century Dutch Drawings - A Selection from the Maida and George Abrams Collection, Ausst.-Kat. Amsterdam, Rijksprentenkabinet, Wien, Graphische Sammlung Albertina, New York, The Pierpont Morgan Library, Cambridge (Mass.), The Fogg Art Museum 1991, Nr.bei Nr. 54

M. D. Henkel: Catalogus van de Nederlandsche teekeningen in het Rijksmuseum te Amsterdam. Teekeningen van Rembrandt en zijn school, 's-Gravenhage 1943, S.76, bei Nr. 8

Werner Sumowski: Drawings of the Rembrandt School. Dou - Eeckhout, hrsg. von Walter L. Strauss, Bd. 3, , S.1334, Nr.612

Werner Sumowski: Drawings of the Rembrandt School. Gelder - Horst, hrsg. von Walter L. Strauss, Bd. 5, , S.1334, Nr.612

Joachim Wolfgang von Moltke: Govaert Flinck, Amsterdam 1965, S.265, Nr.189 mit Abb.

Werner Sumowski: Gerbrand van den Eeckhout als Zeichner, in: Oud Holland 1962, Nr. 77, S. 11-39, S.17, Abb.12