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Gerard ter Borch (der JĂŒngere), zugeschrieben Anonym (niederlĂ€ndisch, 17. Jh.), ehemals zugeschrieben
Bildnis eines Edelmannes, um 1646-1648
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Gerard ter Borch (der JĂŒngere), zugeschrieben Anonym (niederlĂ€ndisch, 17. Jh.), ehemals zugeschrieben

Bildnis eines Edelmannes, um 1646-1648

Gerard ter Borch (der JĂŒngere), zugeschrieben Anonym (niederlĂ€ndisch, 17. Jh.), ehemals zugeschrieben

Bildnis eines Edelmannes, um 1646-1648

Den entscheidenden Hinweis fĂŒr die Bestimmung dieser bislang unter den Anonymen abgelegten Zeichnung gibt die anonyme Notiz auf dem Unterlegkarton. Unser Blatt ist einer Gruppe von derzeit elf bekannten PortrĂ€tskizzen anzuschließen, die der jĂŒngere Gerard ter Borch vermutlich wĂ€hrend seines Aufenthaltes in MĂŒnster zeichnete (1646/48).(Anm.1) Als Begleiter der niederlĂ€ndischen Delegation war der KĂŒnstler bei den Friedensverhandlungen anwesend und schuf in dieser Zeit eine Reihe von PortrĂ€tminiaturen in ovalem Format.(Anm.2) Unser Blatt scheint mit seiner ovalen Rahmung auf diese Werke Bezug zu nehmen. Wie auf den dieser Gruppe anzuschließenden Studien ist auch die in der Literatur bislang unbeachtete Hamburger Zeichnung auf blauem Papier gearbeitet und zum Achteck beschnitten. Charakteristisch sind die knappe Anlage der offenbar nach dem Leben skizzierten Figur und die sensibel angedeutete Modellierung. Die markant betonte Kontur von Kinn und Wangen lĂ€sst sich Ă€hnlich auf GemĂ€lden des KĂŒnstlers beobachten.(Anm.3)
Eine technische Besonderheit unserer Zeichnung ist die Verwendung von Rötel, die uns innerhalb der Gruppe nur auf einem weiteren Blatt begegnet.(Anm.4) WĂ€hrend dieses wohl erst mit schwarzer Kreide angelegt und anschließend mit Rötel ĂŒberarbeitet wurde, ging der KĂŒnstler fĂŒr die Hamburger Zeichnung in umgekehrter Weise vor: Die zuerst mit roter Kreide flĂŒchtig angedeuteten Gesichtskonturen wurden mit schwarzem Stift ergĂ€nzt und stellenweise korrigiert – gut zu erkennen im Augen- und Kragenbereich.
UngeklĂ€rt ist die IdentitĂ€t des Dargestellten. Möglicherweise handelt es sich um einen Teilnehmer der spanischen Delegation. Von der Tracht der eindeutig als NiederlĂ€nder ausgewiesenen Kavaliere unterscheidet sich das am Kragen fehlende Quastenband.(Anm.5) Auf der anderen Seite erinnern die strengen GesichtszĂŒge mit der breiten Stirn und das krause, schulterlange Haar an Darstellungen des Leiters der niederlĂ€ndischen Delegation, Barthold van Gent (gest. 1650).(Anm.6)

Annemarie Stefes

1 Erstmals wurde die Gruppe vorgestellt von J. Q. van Regteren Altena: The Anonymous Spanish Sitters of Gerard Terborch, in: Master Drawings 10, 1972, S. 260-263, der die Skizzen mit Ter Borchs Spanienreise assoziierte. Da aber nicht ausschließlich Spanier dargestellt sind, ist eine Entstehung in MĂŒnster wahrscheinlicher, vgl. Alison McNeil Kettering: Drawings from the Ter Borch Studio Estate, Catalogue of the Dutch and Flemish drawings in the Rijksprentenkabinet, Amsterdam, 5, 2 Bde., ’s-Gravenhage 1988, Bd. 1, S. 138, bei Nr. GJr72.
2 Bislang sind elf Miniaturen bekannt, vgl. Arthur K. Wheelock jr., Alison McNeil Kettering, Arie Wallert, Majorie E. Wieseman: Gerard ter Borch, Ausst.-Kat. Washington, National Gallery of Art, Detroit, Detroit Institute of Arts, New Haven und London 2004, Nr. 8 und 10 mit Verweis auf die Bildnisse von „Adriaen Pauw van Heemstede“, Haarlem, Frans Hals Museum, Leihgabe, Inv.-Nr. OS 92–195; „Godard van Reede van Nederhorst“, Amsterdam, Rijksmuseum, Inv.-Nr. SK-A-3842; vgl. auch das Ter Borch zugeschriebene „Miniaturbildnis eines Spaniers“, Sevilla, Sammlung der Herzogin del Infantado, Sturla Jonasson Gudlaugsson: Gerard Ter Borch, 2 Bde., Den Haag 1959, Nr. A 5.
3 J. Q. van Regteren Altena: The Anonymous Spanish Sitters of Gerard Terborch, in: Master Drawings 10, 1972, S. 260-263, S. 263; Alison McNeil Kettering: Drawings from the Ter Borch Studio Estate, Catalogue of the Dutch and Flemish drawings in the Rijksprentenkabinet, Amsterdam, 5, 2 Bde., ’s-Gravenhage 1988, Bd. 1, S. 138, bei Nr. GJr 72. Vgl. auch das um 1635 in London entstandene „Bildnis des Robert van Voerst“, Amsterdam, Rijksprentenkabinet, Inv.-Nr. RP-T-1887-A-1197, Alison McNeil Kettering: Drawings from the Ter Borch Studio Estate, Catalogue of the Dutch and Flemish drawings in the Rijksprentenkabinet, Amsterdam, 5, 2 Bde., ’s-Gravenhage 1988, Bd. 1, Nr. GJr 60.
4 Amsterdam, Rijksprentenkabinet, Inv.-Nr. RP-T-1981-83 (99 x 98 mm), Alison McNeil Kettering: Drawings from the Ter Borch Studio Estate, Catalogue of the Dutch and Flemish drawings in the Rijksprentenkabinet, Amsterdam, 5, 2 Bde., ’s-Gravenhage 1988, Taf. 29 a, Alison McNeil Kettering: Drawings from the Ter Borch Studio Estate, Catalogue of the Dutch and Flemish drawings in the Rijksprentenkabinet, Amsterdam, 5, 2 Bde., ’s-Gravenhage 1988, Bd. 1, Nr. GJr 77. – In Verbindung mit PortrĂ€tstudien begegnet die rote Kreide wieder in den 1670er Jahren, vgl. den ebenfalls ,aux deux crayons‘ gezeichneten „Studienkopf“, Amsterdam, Rijksprentenkabinet, Inv.-Nr. RP-T-1887-A-801, Alison McNeil Kettering: Drawings from the Ter Borch Studio Estate, Catalogue of the Dutch and Flemish drawings in the Rijksprentenkabinet, Amsterdam, 5, 2 Bde., ’s-Gravenhage 1988, Bd. 1, Nr. GJr 92, und zwei auschließlich in Rötel gezeichnete Kopfstudien: Amsterdam, Rijksprentenkabinet, Inv.-Nr. RP-T-1887-A-800, Alison McNeil Kettering: Drawings from the Ter Borch Studio Estate, Catalogue of the Dutch and Flemish drawings in the Rijksprentenkabinet, Amsterdam, 5, 2 Bde., ’s-Gravenhage 1988, Bd. 1, GJr 91; Paris, Fondation Custodia, Inv.-Nr. 3666, ebd. Bd. 2, App. I, 30.
5 Dies betrifft die Amsterdamer Zeichnung Inv.-Nr. RP-T-1969-218, J. Q. van Regteren Altena: The Anonymous Spanish Sitters of Gerard Terborch, in: Master Drawings 10, 1972, S. 260-263, Taf. 26 b und das unter Anm. 4 zitierte Blatt. Alison McNeil Kettering: Drawings from the Ter Borch Studio Estate, Catalogue of the Dutch and Flemish drawings in the Rijksprentenkabinet, Amsterdam, 5, 2 Bde., ’s-Gravenhage 1988, Bd. 1, S. 140 hĂ€lt einen der Dargestellten angesichts seiner dunkleren GesichtszĂŒge fĂŒr einen Spanier, Amsterdam, Rijksprentenkabinet, Inv.-Nr. RP-T-1959-271, ebd. Nr. GJr 40.
6 Vgl. Ter Borchs gemalten „Friedensschwur vom 15. Mai 1648“, London, National Gallery, Inv.-Nr. NG 896, Arthur K. Wheelock jr., Alison McNeil Kettering, Arie Wallert, Majorie E. Wieseman: Gerard ter Borch, Ausst.-Kat. Washington, National Gallery of Art, Detroit, Detroit Institute of Arts, New Haven und London 2004, Nr. 13; vgl. auch den Stich von Pieter de Jode nach Anselm van Hulle, 1648, vgl. Hollstein’s Dutch & Flemish Etchings, Bd. 7, 1952, S. 71, 219–308, Der WestfĂ€lische Frieden. Krieg und Frieden, Ausst.-Kat. MĂŒnster 1988, Nr. 112.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Auf dem Verso in der Mitte Stempel der Hamburger Kunsthalle (L. 1233); auf dem Untersatzbogen bezeichnet.: "cf. G. ter Borch" (Bleistift)

Wasserzeichen / Kettenlinien

HĂŒgel, unterer Teil, verwandt mit Heawood 2614 (Italien 1625), 2615 (Rom nach 1565); vgl. auch 2616 (Rom 1638), aber seitlich weniger geschwungen
ca. 26-35 mm (v)

Provenienz

Washington von der Hellen (1834-1900), Hamburg, Nr. 337; Gustav von der Hellen (1879-1966), San Isidro/Argentinien (nicht bei Lugt); Schenkung von der Hellen 1962 an die Hamburger Kunsthalle

Bibliographie

Stefes, Annemarie: NiederlĂ€ndische Zeichnungen 1450-1850. Katalog I Van Aken-Murant, hrsg. von Gaßner, Hubertus und Stolzenburg, Andreas, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 3, Böhlau Verlag Köln Weimar Wien 2011, S.129, Nr.133