Gasparo Diziani, zugeschrieben
Himmelfahrt Mariens,
Zurück Bildinfos ➕ 🗖

Gasparo Diziani, zugeschrieben

Himmelfahrt Mariens,

Gasparo Diziani, zugeschrieben

Himmelfahrt Mariens

Das als anonyme Zeichnung 1920 im Berliner Kunsthandel erworbene Blatt wurde laut Gustav Pauli ehemals Francesco Solimena zugeschrieben.(Anm.1) 1928 hat dann Roberto Longhi den Neapolitaner Corrado Giaquinto (1703 - um 1765) als Zeichner vorgeschlagen.(Anm.2) Er dachte an eine Skizze für dessen Himmelfahrt Mariens im Dom zu Rocca di Papa. Doch bestehen größere Unterschiede zwischen Bild und Zeichnung, sodass diese keineswegs als Vorstudie anzusehen ist.(Anm.3)
Janos Scholz hat dann in den 1960er Jahren laut einer Notiz im Archiv des Kupferstichkabinetts den Blick von Neapel nach Venedig gelenkt. Er meinte in der Strichführung den jungen Gaspare Diziani zu erkennen. Diese Zuordnung wurde 2005 von Chris Fischer mit Nachdruck bestätigt.(Anm.4)
Die Zeichnung weist Charakteristika von Dizianis Zeichenstil auf, der teilweise von Giovanni Antonio Pellegrini beeinflusst ist. Das flüssige Umspielen der Konturlinien und die akzentuierende Lavierung finden sich auch auf weiteren Blättern, z. B. auf der Studie zu einer Fußwaschung im Museo Correr in Venedig.(Anm.5) Auch die mit großer Lebendigkeit skizzierten reinen Federzeichnungen auf dem Verso finden sich im Corpus der Diziani-Zeichnungen.
Fischer hat weitere Studien für eine Himmelfahrt zusammengestellt, die mit der Hamburger Zeichnung zusammengebracht werden können: drei Studien im Museo Correr (Anm.6), ein Blatt in Budapest (Anm.7) und eine bei Christie‘s 1981 versteigerte Zeichnung (Anm.8). Er wies zudem auf einen Bozzetto in einer Privatsammlung in Belluno hin, der sich gut mit dem Blatt im Museo Correr 5645 verbinden lässt.(Anm.9)
Die größte Nähe zur Hamburger Zeichnung weisen Correr 5592 und das Budapester Blatt auf. Beide sind aufgrund ihrer Rahmung als Entwürfe für Deckenmalereien anzusehen, während die Hamburger Studie wohl eher für ein Altarbild gedacht ist.
Ein konkret nach der Hamburger Zeichnung ausgeführtes Gemälde lässt sich bislang nicht nachweisen. So kann das Blatt als sehr frühe Entwurfsstudie im Zusammenhang mit dem Bozzetto in Belluno vermutet werden. Zugleich kann es als Ausgangspunkt für die Deckenentwürfe in Venedig und Budapest angesehen werden.


David Klemm

1 Zeichnungen Alter Meister in der Kunsthalle zu Hamburg. Italiener. 30 Originalgetreue Lichtdrucke, hrsg. v. Gustav Pauli, Frankfurt am Main 1927, Nr. 22. 1921 hatte Pauli die Zeichnung Solimena noch unter Vorbehalt zugeschrieben; vgl. Jahresbericht der Kunsthalle zu Hamburg für 1920, Hamburg 1921, S. 7.
2 Briefliche Mitteilung vom Februar 1928. Vgl. Zeichnungen Alter Meister in der Kunsthalle zu Hamburg. Italiener. 30 Originalgetreue Lichtdrucke, hrsg. v. Gustav Pauli, Frankfurt am Main 1927, o. S., Nr. 22, Nr. 22.
3 Auch Giaquintos Entwurf für S. Croce in Gerusalemme (Neapel, Museum Nazionale di San Martino) weist große Unterschiede zur Hamburger Zeichnung auf. Vgl. Vittorio Moschini: I Disegni del’ 700 alla Mostra di Venezia, in: Dedalo 10, 1930, S. 301-330, S. 314.
4 Beitrag von Chris Fischer auf dem Hamburger Symposium „Italienische Altmeisterzeichnungen 1450 bis 1800“ am 27. und 28. 10. 2005 im Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle.
5 Venedig, Museo Correr, Inv.-Nr. 5640; Terisio Pignatti unter Mitarbeit v. Attilia Dorigato: Disegni antichi del Museo Correr di Venezia, Bd. 2 (Dall’Oglio-Fontebasso), Venedig 1981, S. 19–20, Kat. 227 r.
6 Venedig, Museo Correr, Inv.-Nr. 5627-28, 5645 r. u. v., Inv.-Nr. 5592 r; Terisio Pignatti unter Mitarbeit v. Attilia Dorigato: Disegni antichi del Museo Correr di Venezia, Bd. 2 (Dall’Oglio-Fontebasso), Venedig 1981, S. 83–84, Nr. 317, S. 34–35, Nr. 250, S. 62, Nr. 285.
7 Budapest, Szépművészeti Múzeum, Inv.-Nr. 1964.1 K; vgl. Disegni veneti del Museo di Budapest, bearb. v. Iván Fenyö, Cataloghi di Mostre 22, Ausst.-Kat. Venedig, Fondazione Giorgio Cini, Venedig 1965 , S. 58, Nr. 82.
8 Aukt.-Kat. London, Christie’s, Old Master Drawings, 7.–9. 7. 1981, Nr. 140.
9 Mostra del Pitture del Settecento nel Bellunese, bearb. v. Francesco Valcanover, Ausst.-Kat. Belluno, Palazzo Vescovi, Venedig 1954, S. 92, Nr. 42.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Unten rechts nummeriert: "No 38." (Feder in Braun); ((Stempel der Hamburger Kunsthalle fehlt noch))

Wasserzeichen / Kettenlinien

WZ: Doppelkonturige Schlange, die sich um einen Stab oder ein Kreuz windet (schwer erkennbar); nicht identifiziert.

Verso

Titel verso: Studien zu einer Himmelfahrt Mariens

Technik verso: Feder in Braun

Provenienz

Kunsthandlung Charles Alexander de Burlet, Berlin, ? - 1920; dort erworben 1920

Bibliographie

David Klemm: Italienische Zeichnungen 1450-1800. Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 2, Köln u. a. 2009, S.163, Nr.201

[Wolf Stubbe]: Italienische Zeichnungen 1500-1800. Ausstellung aus den Beständen des Kupferstichkabinetts, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle 1957, S.28, Nr.149

Odoardo H. Giglioli: [Anmerkungen zur Prestel-Mappe], in: Cronache d`Arte, 5, 1928, , S.263

Gustav Pauli: Zeichnungen Alter Meister in der Kunsthalle zu Hamburg. Italiener. Neue Folge, Frankfurt am Main 1927, Abb.Taf. 22

Jahresbericht der Kunsthalle zu Hamburg für 1920, Hamburg 1921, S.7