Fra Bartolommeo, eigentlich Baccio della Porta
Maria in Anbetung des Christuskindes,
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Fra Bartolommeo, eigentlich Baccio della Porta

Maria in Anbetung des Christuskindes,

Fra Bartolommeo, eigentlich Baccio della Porta

Maria in Anbetung des Christuskindes

Das beidseitig bezeichnete Blatt galt traditionell als Arbeit Fra Bartolommeos. Hierauf deutet vor allem eine ausführliche alte Sammlerbeschriftung auf dem Verso hin, in der Hinweise zum Leben des Künstlers gegeben werden. Während sich Georg Ernst Harzen dieser alten Zuweisung anschloss, nahm von der Gabelentz das Blatt nicht in seine Monographie des Künstlers auf. Giglioli brachte die Zeichnung dann 1928 mit Piero di Cosimo (1462–1521) in Verbindung. Später haben jedoch sowohl Pauli als auch Berenson – letzterer 1938 in seiner zweiten Ausgabe der „Drawings of the Florentine Painters“ – das Blatt Fra Bartolommeo zurückgegeben. Während Pauli die Studie in die Spätzeit einordnete, verband Everett Fahy sie erstmals überzeugend mit einem Frühwerk.(Anm.1) So weist die kniende Maria Ähnlichkeiten mit der Maria der „Heiligen Familie“, auf dem sogenannten Tondo Borghese auf, der noch unter dem Einfluss Leonardos steht. Interessant ist hier, wie Fra Bartolommeo den fast nackten Körper der Maria studiert, um ihn in der Gemäldefassung wieder zu bekleiden. Dagegen ist die Position des sich kraftvoll bewegenden Christuskindes noch nicht endgültig gefunden. Für eine Frühdatierung spricht auch die spezielle Technik in Feder und Pinsel, die sich auch auf den sogenannten sportelli in den Uffizien findet.(Anm.2)
Die Zeichnung einer nackten stehenden Frau auf dem Verso wurde von Chris Fischer als frühe Studie zu einer „Versuchung des Hl. Antonius“ identifiziert.(Anm.3)
Trotz dieser überzeugenden Verbindungen mit dem Werk Fra Bartolommeos fühlte sich Eckhard Schaar im Anschluss an Gigliolis frühe Position angesichts der in schrägen Schraffuren vorgetragenen Federschrift an Piero di Cosimo erinnert.(Anm.4) Dennoch beließ er das Blatt bei Fra Bartolommeo, denn er sah in dieser Ähnlichkeit den Einfluss Pieros während der gemeinsamen Lehrzeit in der Werkstatt Cosimo Rossellis.

David Klemm

1 Everett Fahy: The Earliest Works of Fra Bartolommeo, in: The Art Bulletin 51, 1969, S. 142-154, S. 149, Anm. 37; dort mit falscher Inventarnummer und falscher Beschreibung des Versos.
2 Everett Fahy: The Earliest Works of Fra Bartolommeo, in: The Art Bulletin 51, 1969, S. 142-154, S. 144.
3 Chris Fischer: The Young Fra Bartolommeo and the Temptation of St. Antony, in: Festschrift Fischer 1990 S. 315-340, S. 328.
4 Er führte als Beleg zwei ähnliche Federzeichnungen Pieros in den Uffizien an. Florenz, Gabinetto Disegni e Stampe degli Uffizi, Inv.-Nr. 286 E; 7 P; vgl. Berenson 1938, III, o. S., Abb. 419, 420.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Alte Beischrift auf dem Verso: "frate a S. Marco domenicano fioren[tino] / in [...?] Baccio della Porta discepolo di Co[simo] / Roselli. Quando Raffaele d'Urbino parti d[a] Pietro / Perugino p[er] andar a vedere i cartoni di Leonardo da / Vinci e M. Angelo in Firenze, s'invaghi del bel colo / rire del frate e miglioro nel colore sotto esso. / e nella buona amicicia che venne[?] [...?] / da lui la pastosità del colore e le [?] insegni[?] / della prospettiva [...?] gli il frate n'era sig[...?] / nacque il frate del 1469 mori del 1517. / [...?]cosi all antica finezza pero[...?] / al vestire piu moderno che non facevasi[?...] di quel / communemento dico communemento.. / arca [...?] il quad[...?] Raffaele / Leonardo e molto piu M. Angelo / participalmente qu[ando] il frate ora / nel suo fiore d'onde declinò / [...?] dalle grandezze di Roma[...?]" (Feder in Braun; vgl. Karteikarte!); unten rechts: Stempel der Hamburger Kunsthalle (L. 1328)

Verso

Titel verso: Rechts: Studie eines stehenden weiblichen Aktes ; links: Studie eines Faltenwurfes[?]; längerer Text zur Vita Fra Bartolommeos, wohl von einem Sammler des 17. Jahrhunderts

Technik verso: Feder in Braun über Graphit

Provenienz

Georg Ernst Harzen (1790-1863), Hamburg (L. 1244); NH Ad : 02 : 01, S. 209 (als Fra Bartolomeo); NH Ad : 01 : 03, fol. 104 (als Fra Bartolomeo): "Maria kniend vor dem Kind, im HIntergrund ein liegender Ochse. Gruppe zu einer Nativita bestimmt. Sehr geistreich in Feder und Bister. Auf der Rückseite Figuren und Gewandstudien mit der Feder. 4.0 5.4."; Legat Harzen 1863 an die "Städtische Gallerie" Hamburg; 1868 der Stadt übereignet für die 1869 eröffnete Kunsthalle

Bibliographie

David Klemm: Italienische Zeichnungen 1450-1800. Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 2, Köln u. a. 2009, S.84-85, Nr.34

Eckhard Schaar, David Klemm: Italienische Zeichnungen der Renaissance aus dem Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle 1997, S.83, Nr.6, Abb.33

Chris Fischer: The Young Fra Bartolommeo and the Temptation of St. Antony, in: Festschrift to Erik Fischer. European Drawings from Six Centuries, Kopenhagen 1990, S. 315-340, S.328, Anm. 35 auf S. 339, Abb.10 (verso)

Chris Fischer: Disegni di Fra Bartolommeo e della sua scuola, Gabinetto disegni e stampe degli Uffizi, Bd. 66, Florenz 1986, S.30, 37, Nr.bei Nr. 1 (recto) und Nr. 5 (verso)

Everett Fahy: The Earliest Works of Fra Bratolommeo, in: The Art Bulletin 51, 1969, S. 142-154, S.144-145, Anm. 14, Abb.6

V. T. [nicht aufgelöst]: Amburgo: Mostra di disegni italiani dal XV al XVIII secolo, in: Emporium. Rivista mensile illustrata d'arte e di cultura 76, 1957, Nr. 126, S. 228-229, S.229

[Wolf Stubbe]: Italienische Zeichnungen 1500-1800. Ausstellung aus den Beständen des Kupferstichkabinetts, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle 1957, S.14, Nr.41

Bernard Berenson: The Drawings of the Florentine Painters. Amplified Edition, Bd. 2, Chicago 1938, S.36, Nr.392 A

Oskar Fischel: Dreizehnte Veröffentlichung der Prestel-Gesellschaft: Zeichnungen italienischer Meister in der Kunsthalle zu Hamburg, in: Kunst und Künstler XXIX, 1930/31, S. 480, S.480

Odoardo H. Giglioli: [Anmerkungen zur Prestel-Mappe], in: Cronache d`Arte, 5, 1928, , S.262

Gustav Pauli: Zeichnungen Alter Meister in der Kunsthalle zu Hamburg. Italiener. Neue Folge, Frankfurt am Main 1927, Abb.Taf. 12

Ausstellung von Zeichnungen Alter Meister aus den Sammlungen der Kunsthalle zu Hamburg, Ausst.-Kat. Kunstverein in Hamburg 1920, S.8, Nr.13

Wilhelm Koopmann: Einige weniger bekannte Handzeichnungen Raffaels, in: Jahrbuch der Königlich Preußischen Kunstammlungen 12, 1891, S. 40-49, S.41