Domenico Beccafumi, Umkreis
Die Engel Gottes verkünden Abraham und seinen Knechten den Willen Gottes,
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Domenico Beccafumi, Umkreis

Die Engel Gottes verkünden Abraham und seinen Knechten den Willen Gottes,

Domenico Beccafumi, Umkreis

Die Engel Gottes verkünden Abraham und seinen Knechten den Willen Gottes

Von 1519 bis 1546 beschäftigte sich Domenico Beccafumi intensiv mit dem Entwurf des Marmorfußbodens im Dom zu Siena.(Anm.1) Diese Komposition ist aufgrund ihrer Dimension und künstlerischen Qualität von herausragender Bedeutung in der Geschichte der italienischen Renaissance. Thematisch stellen die von Beccafumi entworfenen Szenen Ereignisse aus dem Alten Testament dar. Das Hamburger Blatt gibt einen Abschnitt dieses Fußbodens im linken Chorbereich wieder. Dargestellt ist, wie Abraham der Wille Gottes durch einen Engel verkündet wird.(Anm.2)
Die von Harzen und vorherigen Sammlern angenommene Autorschaft Beccafumis ist auszuschließen, da dessen große, in Kohle gezeichnete Kartons gänzlich anders ausgeführt sind.(Anm.3) Mit großer Wahrscheinlichkeit handelt es sich um eine sehr genaue Kopie nach dem Fußboden. Ein Vergleich zeigt, dass der anonyme Zeichner viele Details exakt wiedergibt. Dies zeigt sich neben den rein figurativen Einzelheiten vor allem an der Darstellung der Farbverteilung. So sind z. B. die durch Weißhöhungen hervorgehobenen Farbflecken unterhalb Abrahams im Fußboden als eingelegte Flächen erkennbar. Allerdings ist heute kaum noch ein Farbunterschied im Fußboden wahrzunehmen (Anm.4). Wohl durch Abnutzung verschwunden sind auch manch andere Details, die auf der Zeichnung erkennbar sind, z. B. wird der Hemdsärmel des sich zurückwendenden Mannes durch ein Band gehalten. Dass dies keineswegs auf die Phantasie des Kopisten zurückgeht, zeigt ein Vergleich mit Andrea Andreanis großformatigem Holzschnitt der Szene, auf dem das Band ebenfalls zu sehen ist.(Anm.5) Für die Überlieferung des berühmten Paviments ist das Blatt also durchaus von Bedeutung. In wenigen Fällen hat sich der Zeichner kleine Freiheiten erlaubt; so schaut z. B. der Engel auf der Hamburger Zeichnung nicht wie bei Beccafumi nach unten.
Möglicherweise entstand die Kopie bereits in der Werkstatt des Künstlers, um die eigene Erfindung zu dokumentieren. Denkbar ist aber auch, dass das Blatt eng mit Andreanis Holzschnitt zusammen zu sehen ist. So findet sich sowohl auf der Graphik als auch auf der Zeichnung eine Viehherde oberhalb des rechts oben stehenden Rindes, die auf dem Fußboden nicht erkennbar ist und sich dort – nach der Anlage der Landschaft zu urteilen – auch niemals befunden haben dürfte. Diese Herde ist auch auf Andreanis Holzschnitt, wenn auch in etwas anderer Anordnung, dargestellt.(Anm.6) Auch die Strichtechnik des Blattes stellt einen Bezug zu Andreani her, denn sie ist in dessen Manier, und deutlich stärker als heute auf dem Fußboden erkennbar, zur Binnenmodellierung der Figuren und Landschaftselemente eingesetzt. Als Vorzeichnung für den Holzschnitt hat das Hamburger Blatt aber sicher nicht gedient, da sich unabhängig davon in den Details zu viele Unterschiede ausmachen lassen. So dürfte die Studie wie auch der Holzschnitt – unabhängig voneinander – nach dem Fußboden angefertigt worden sein.

David Klemm

1 Zu Beccafumis Beschäftigung mit dem Fußbodenschmuck vgl. Bruno Santi: Il Beccafumi nel pavimento del duomo di Siena, in: Torriti 1998, S. 200-217, S. 200–217.
2 Marilena Caciorgna, Roberto Guerrini: Il Pavimento del Duomo di Siena. L’Arte della Tarsia Mamorea dal XIV al XIX Secolo. Fonti e Simbologia, Mailand 2004, S. 208–209.
3 Vgl. Piero Torriti: Beccafumi: mit Beiträgen von Mario Di Giampaolo u. a., Mailand 1998, S. 277–280.
4 Vgl. die Detailabbildung in Marilena Caciorgna, Roberto Guerrini: Il Pavimento del Duomo di Siena. L’Arte della Tarsia Mamorea dal XIV al XIX Secolo. Fonti e Simbologia, Mailand 2004, S. 210.
5 The Illustrated Bartsch 48 (12), 4-[1] (22).
6 Vgl. vor allem das rechts liegende Rind.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Unten links Stempel der Sammlung Rogers (L. 624); rechts davon Signet der Sammlung Esdaile (L. 2617); auf dem Verso in der Mitte Stempel der Hamburger Kunsthalle (L. 1328); unten links Signets der Sammlung Rogers und Esdaile (wie L. 624 und L. 2617, Bleistift, sicher nicht von den Sammlern selbst); unten rechts nummeriert: "9" (Bleistift); rechts davon bezeichnet: "Beccafumi." (Bleistift)

Wasserzeichen / Kettenlinien

WZ: Gekreuzte Pfeile mit sechszackigem Stern darüber; ähnlich Briquet 6291 (Rom 1561-62, Ferrara 1563) und 6299 (Augsburg 1554, Florenz 1518-28, Pistoia 1524-40, Rom 1527-66, Fabriano 1554 und 1576).

Provenienz

Charles Rogers (1711-1784), London (L. 624); William Esdaile (1758-1837, London (L. 2617), Georg Ernst Harzen (1790-1863), Hamburg (L. 1244); NH Ad : 01 : 03, fol. 89 (als Domenico Beccafumi): "Ausführliche Zeichnung für den Estrich des Domes von Siena, wo vorn zwei Hirten ruhn, nebst einem beladenen Esel hinten Abraham die Botschaft eines Engels empfängt. Feder und Bister auf gelb gefärbtem Pap. gehöht. Hauptblatt. 8.8. 12.2 Samml. Rogers 1799 - Esdaile"; NH Ad: 02: 01, S. 209 (als Domenico Beccafumi); Legat Harzen 1863 an die "Städtische Gallerie" Hamburg; 1868 der Stadt übereignet für die 1869 eröffnete Kunsthalle.

Bibliographie

David Klemm: Italienische Zeichnungen 1450-1800. Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 2, Köln u. a. 2009, S.90-91, Nr.45

Jahrbuch der Hamburger Kunstsammlungen, hrsg. von Helmut R. Leppien und Heinz Spielmann, Bd. 12, Dr. Ernst Hauswedell & Co Verlag Hamburg 1967, S.191

Wolf Stubbe: Erwerbungen für die Graphische Sammlung im Jahre 1966, in: Jahrbuch der Hamburger Kunstsammlungen 12, Hamburg 1967, , S.191

A Catalogue of the Very Important Collection of the late William Esdaile, Esq. Part III. Comprising Drawings, by Italian, German, Flemish, and Dutch Masters; which will besold by Auction,, Christie and Manson, 18.-23. 6. 1840, London, 1840, S.12, Nr.147