Caspar Netscher, (?) Gerard ter Borch (der Jüngere), ehemals zugeschrieben
Dame am Putztisch, sich die Hände waschend, 1658 - 1660
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Caspar Netscher, (?) Gerard ter Borch (der Jüngere), ehemals zugeschrieben

Dame am Putztisch, sich die Hände waschend, 1658 - 1660

Caspar Netscher, (?) Gerard ter Borch (der Jüngere), ehemals zugeschrieben

Dame am Putztisch, sich die Hände waschend, 1658 - 1660

Eine Dame beendet in Anwesenheit ihrer Zofe ihre Morgentoilette. Dazu lässt ein vor ihr kniender Diener Wasser aus einem Krug über ihre geziert gespreizten Finger in einen Teller rinnen. Auf dem Motiv des Händewaschens beruht offensichtlich die alte Zuschreibung an Gerard ter Borch, der dieses Motiv um 1655 in die holländische Genremalerei einführte.(Anm.1) Zu seinen Zeichnungen besteht jedoch kein direkter Bezug. Eher schon weist aus stilistischer Sicht die von Ellen Caljé van den Berg vorgeschlagene Zuschreibung an Pieter Cornelisz. van Slingelandt in die richtige Richtung (vgl. Inv.-Nr. 22535),(Anm.2) wenngleich das Blatt mit Blick auf die schlanken, fein abschattierten Gliedmaßen und die eigentümlich klauenartigen Finger recht isoliert in seinem Œuvre stünde.
Verwandte Motive begegnen hingegen bei Caspar Netscher. Ein frühes Gemälde in Budapest ist grundsätzlich vergleichbar in den feinen Gesichtszügen der Dame, dem seidig schimmernden Haar des knienden Kavaliers, den schweren seidigen Stoffen und der räumlichen Gestaltung.(Anm.3)
Netscher war Schüler Gerard ter Borchs und folgte diesem auch thematisch, bevor er sich der Porträtmalerei zuwandte. Dieser frühen Werkphase ließe sich die Hamburger Zeichnung auch stilistisch zuordnen: Gerade in den freier angelegten Partien finden sich enge Bezüge zu der bisweilen etwas unbeholfen anmutenden Handschrift Netschers.(Anm.4) Wenig reif wirkt das Nebeneinander von grob skizzierten und sorgfältig abschattierten Partien, und dies gilt auch für gewisse Unstimmigkeiten in dem proportionalen Verhältnis zwischen Figuren und Mobiliar.(Anm.5) Aus diesem Grund sollte eine Einordnung als frühe Arbeit Netschers in Betracht gezogen werden. Alternativ wäre ein Zusammenhang mit Anthonie Palamedesz. (1601–1673) nicht ganz auszuschließen, dem das Blatt im 18. Jahrhundert und noch bei Mettlerkamp zugewiesen war.(Anm.6)
In jedem Fall kennzeichnen Pentimenti, etwa im Bereich des rechten Fußes der Dame, unser Blatt als Entwurfszeichnung, ohne dass ihm ein entsprechendes Gemälde bislang zugeordnet werden konnte.


1 Vgl. dessen Gemälde in den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, Gemäldegalerie Alte Meister, Inv.-Nr. A 348, Gudlaugsson 1959, Abb. 113. Das Bildthema blieb unter Ter Borchs Nachfolgern und auch bei anderen Genremalern über längere Zeit hinweg populär, z. B. bei Eglon van der Neer, Den Haag, Koninklijk Kabinet van Schilderijen Mauritshuis, Inv.-Nr. 862, Senses and Sins. Dutch Painters of Daily Life in the Seventeenth Century, Ausst.-Kat. Rotterdam, Museum Boijmans Van Beuningen, Frankfurt am Main, Städel Museum und Städtische Galerie, Ostfildern-Ruit 2004, Nr. 76 bzw. Eddy de Jongh: Tot lering en vermaak: betekenissen van Hollandse genrevoorstellingen uit de zeventiende eeuw, Ausst.-Kat. Amsterdam, Rijksmuseum, Amsterdam 1976, Nr. 48.
2 Vgl. Notiz auf der Photokartei des RKD (1972); vgl. die bei Inv.-Nr. 22535 angeführten monogrammierten Zeichnungen des Künstlers. Vgl. auch eine signierte Zeichnung, „Zwei musizierende Jünglinge“, Städtisches Museum Osnabrück, Inv.-Nr. A 688, Niederländische Zeichnungen und Druckgraphik des 17. Jahrhunderts aus dem Besitz des Städtischen Museums Osnabrück, Ausst.-Kat. Osnabrück 1962, Nr. 15; vgl. auch Zeichnungen in den Staatlichen Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett, Inv.-Nr. KdZ 5351, oder Aukt.-Kat. Amsterdam, Sotheby’s, 18. 11. 1980, Nr. 84.
3 Budapest, Szépmüvészeti Múzeum, Inv.-Nr. 250, Marjorie Elizabeth Wiesemann: Caspar Netscher and Late Seventeenth Century Dutch Paintings, Doornspijk 2002, Abb. 8, um 1658/60.
4 Vgl. die um 1665 anzusetzende Inv.-Nr. 1963-560b oder die „Frau mit einem Brief“, 1667, Stuttgart, Staatsgalerie, Graphische Sammlung, Sammlung Schloss Fachsenfeld, Inv.-Nr. SF I/1062, Marjorie Elizabeth Wiesemann: Caspar Netscher and Late Seventeenth Century Dutch Paintings, Doornspijk 2002, Abb. 65.
5 Darauf verwies Charles Dumas (mündliche Mitteilung auf Grundlage einer Digitalphotographie, 3. 10. 2008).
6 Vgl. Zeichnung in Edinburgh, National Gallery of Scotland, Inv.-Nr. D 2877.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Auf dem Verso in der Mitte links Stempel der Hamburger Kunsthalle (L. 1328)

Wasserzeichen / Kettenlinien

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Provenienz

Wohl Eduard Croese, Amsterdam, vgl. dessen Auktion, Amsterdam 1779 (Lugt, Ventes 3054) („Een Dame, zittende aan eene Tafel, dewelke haare Handen wascht, en door een Knegt bedient wordt; met zwart Kryt en gehoogt met Wit, op blaauw Papier, door Pallamedes“); David Christopher Mettlerkamp (1774-1850), Hamburg (nicht bei Lugt); auf dessen Nachlassauktion 1857 erworben von Georg Ernst Harzen (1790-1863), Hamburg (L. 1244) (HK, KK, A, NH Ad:01:02, fol. 67: "[Gerhard Terburg] Eine junge Dame an ihrem Toiletten Tisch sitzend, läßt sich von einem Diener Wasser zum Waschen über die Hände gießen; im Hintergrund ist eine Zofe beschäftigt. Geistvolle Kreidezeichnung auf blauem Papiere, gehöht. Theilweise ausgeführt theils nur angelegt. 8.8.10.8 [in margine] Meisterhafte"; HK, KK, A, NH Ad: 02: 01, S. 271); Legat Harzen 1863 an die „Städtische Gallerie“ Hamburg; 1868 der Stadt übereignet für die 1869 eröffnete Kunsthalle

Bibliographie

Stefes, Annemarie: Niederländische Zeichnungen 1450-1850. Katalog II van Musscher - Zegelaar, hrsg. von Gaßner, Hubertus und Stolzenburg, Andreas, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 3, Böhlau Verlag Köln Weimar Wien 2011, S.404, Nr.714

Verzeichniss der vom Herrn Oberstlieutenant D. C. Mettlerkamp nachgelassenen vorzüglichen Sammlung von Original-Handzeichnungen, 30. 9.1857 ff., Christian Meyer, Hamburg 1857, S.30, Nr.453