Annibale Carracci, zugeschrieben
Maske als Teil einer Wanddekoration, um 1595(?)
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Annibale Carracci, zugeschrieben

Maske als Teil einer Wanddekoration, um 1595(?)

Annibale Carracci, zugeschrieben

Maske als Teil einer Wanddekoration, um 1595(?)

Harzens Zuschreibung des Blattes an Michelangelo ist angesichts von dessen Groteskenkopf in Windsor (Anm.1) motivisch durchaus nachvollziehbar. Sie fand noch im ersten Inventar des Kupferstichkabinetts Berücksichtigung. Spätestens bei der umfassenden Schau der italienischen Zeichnungen in der Kunsthalle 1957 wurde das Blatt mit den Carracci in Zusammenhang gebracht. Während Wolf Stubbe damals an Annibale dachte, schlug J. Q. van Regteren-Altena später Agostino vor.(Anm.2) Für den älteren der Carracci-Brüder plädierte auch Catherine Loisel 2000, wollte aber dennoch eine Autorschaft Annibales nicht völlig ausschließen.(Anm.3) Nicholas Turner hält Annibale ohne Zweifel für den Zeichner des Blattes.(Anm.4) In der Unmittelbarkeit des Ausdrucks und in der Virtuosität der Kreidetechnik gut vergleichbar mit dem Hamburger Blatt ist das Annibale zugeschriebene Fragment eines Löwenkopfes in Paris.(Anm.5) Allerdings setzt der Künstler dort verstärkt eine Wischtechnik ein, was für eine spätere Entstehung sprechen könnte.(Anm.6) Übereinstimmend ist aber jeweils die packende Unmittelbarkeit.
Die Schwierigkeiten der eindeutigen Zuschreibung der Zeichnung sind typisch für viele Blätter aus dem Carracci-Umkreis. Sie gehen zurück auf eine sehr enge gemeinsame Entwurfspraxis und zeitweise ähnliche Stilauffassung. Ungeachtet dieser Problematik beeindruckt die großformatige Zeichnung durch ihre hohe Qualität, durch Energie, Spontaneität und Witz. Sie dürfte aufgrund ihrer Größe als Vorstudie zu einer Freskendekoration in einem Palast anzusprechen sein. Catherine Loisel brachte die Studie mit den Wandmalereien im Palazzo Magnani in Bologna in Verbindung, ohne dass jedoch eine eindeutige Beziehung hergestellt werden kann.(Anm.7)

David Klemm

1 Windsor Castle, Royal Library, Inv.-Nr. 12762; vgl. Arthur E. Popham, Johannes Wilde: The Italian Drawings of the XV and XVI Centuries in the Collection of His Majesty the King at Windsor Castle, London 1949, S. 229–230, Nr. 425 b.
2 Undatierte Kartonnotiz.
3 Gli affreschi dei Carracci. Studi e disegni preparatori, hrsg. v. Catherine Loisel, Ausst.-Kat. Bologna, Palazzo Magnani, Bologna 2000, S. 75 (Beitrag Catherine Loisel).
4 Anlässlich des Symposiums „Italienische Altmeisterzeichnungen 1450 bis 1800“ am 27. und 28. 10. 2005 im Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle.
5 De la Renaissance à l’Age baroque. Une collection de dessins italiens pour les musées de France, bearb. v. Dominique Cordellier, Ausst.-Kat. Paris, Musée du Louvre, Paris 2005, S. 152, Nr. 106, Abb. S. 155.
6 Ebd.
7 Ebd.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Auf dem Verso unten rechts: Stempel der Hamburger Kunsthalle (L. 1328)

Provenienz

Georg Ernst Harzen (1790-1863), Hamburg (L. 1244); NH Ad : 02 : 01, S. 210 (als Michelangelo): "Console in Gestalt eines Löwenkopfes. Kreide. stomp. Atlasf."; NH Ad : 01 : 03, fol. 91 (als Michelangelo): "Halbfigur eines Mannes von herculischer Gestalt, nur mit einem Schurz bekleidet. Flüchtiger Umriß, der Styl meisterlich,m der Entwurf einer Figur zum jüngsten Gericht. 6.7. 10.2"; am Rand: "?"Legat Harzen 1863 an die „Städtische Gallerie“ Hamburg; 1868 der Stadt übereignet für die 1869 eröffnete Kunsthalle

Bibliographie

David Klemm: Italienische Zeichnungen 1450-1800. Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 2, Köln u. a. 2009, S.131, Nr.128, Abb.Farbtafel S. 44

David Klemm: Von Leonardo bis Piranesi. Italienische Zeichnungen von 1450 bis 1800 aus dem Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle, hrsg. von Hubertus Gaßner, David Klemm und Andreas Stolzenburg, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle, Bremen 2008, S.120-121, Abb, S. 229, Nr.53

Gli affreschi dei Carracci. Studi e disegni preparatori, hrsg. von Catherine Loisel, Ausst.-Kat. Bologna, Palazzo Magnani 2000, S.75, Abb.Taf. 9 auf S. 79

Werner Hofmann: Zauber der Medusa. Europäische Manierismen, hrsg. von den Wiener Festwochen, Ausst.-Kat. Künstlerhaus, Wien 1987, Nr.VII.24

[Wolf Stubbe]: Italienische Zeichnungen 1500-1800. Ausstellung aus den Beständen des Kupferstichkabinetts, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle 1957, S.23, Nr.103

Maurice Delacre: Le Dessin de Michel-Ange, Académie Royale de Belgique, Classe des Beaux-Arts: Mémoires, Bd. 8, 2. Serie, Brüssel 1938, S.391, Abb.231