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Adriaen Brouwer, (?) David Teniers d. J., ehemals zugeschrieben
Bauernhaus unter BĂ€umen,
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Adriaen Brouwer, (?) David Teniers d. J., ehemals zugeschrieben

Bauernhaus unter BĂ€umen,

Adriaen Brouwer, (?) David Teniers d. J., ehemals zugeschrieben

Bauernhaus unter BĂ€umen

Die alte Zuschreibung an David Teniers ĂŒberrascht angesichts der Tatsache, dass dieser beinahe ausschließlich mit Graphit zeichnete und nur sehr selten den Tuschpinsel verwendete.(Anm.1) Hier hingegen dominiert der Pinsel das Erscheinungsbild – angefangen von der ersten flĂ€chigen Anlage bis hin zur strukturierenden Überarbeitung in einem etwas kĂ€lteren Braunton.(Anm.2) Die Feder wurde lediglich zur abschließenden Akzentuierung von DĂ€chern, Fenstern und Baumschlag eingesetzt. In dieser vom Pinsel dominierten AusfĂŒhrung erinnert die Zeichnung an eine Ă€hnlich breit angelegte „Studie von BĂ€umen“ des Jacques d’Arthois.(Anm.3) Beide BlĂ€tter wurden wohl nachtrĂ€glich durch Beschneidung aus grĂ¶ĂŸeren Kompositionen herausgelöst.(Anm.4) Bei grundsĂ€tzlich vergleichbaren Eigenheiten wie den luftigen Schlaufenkonturen fehlen doch auf der Hamburger Zeichnung die fĂŒr D’Arthois charakteristischen und auch auf besagter „Baumstudie“ zu beobachtenden Graphitschraffen und -hĂ€kchen. Damit wĂ€re D’Arthois als potentieller Urheber zwar auszuschließen, doch können die beobachteten Gemeinsamkeiten zumindest als Hinweis auf flĂ€mischen Kontext interpretiert werden.(Anm.5)
Ähnliche Motive begegnen auf GemĂ€lden der BrĂŒsseler Landschaftsmaler,(Anm.6) aber auch im ƒuvre des wohl aus Flandern stammenden, aber in Haarlem ausgebildeten Adriaen Brouwer, der ab 1631 in Antwerpen nachgewiesen ist und den jungen David Teniers nachhaltig beeinflusste. Bilder wie seine „Mondscheinlandschaft“ in Berlin oder das Pariser „Zwielicht“ kommen unserem Blatt nicht nur in der Komposition recht nahe, sondern auch im dynamisch-breiten Farbauftrag.(Anm.7) Daraus eine Zuschreibung an Brouwer abzuleiten, erscheint vielleicht gewagt angesichts fehlender direkter BezĂŒge und mit Blick auf sein nur unzureichend dokumentiertes zeichnerisches Werk. Gleichwohl ist festzuhalten, dass unser Blatt in der Verbindung von flott auf das Blatt geworfenen Konturen und breiten, recht eigenstĂ€ndig aufgetragenen „Waschungen“ den Brouwer zugeschriebenen Figurenstudien recht nahe steht.(Anm.8)

Annemarie Stefes

1 Margret Klinge: David Teniers der JĂŒngere als Zeichner. Die Antwerpener Schaffenszeit (1633-1651), in: Jaarboek Koninklijk Museum voor Schone Kunsten Antwerpen 1997, S. 71-282, S. 231–232. Allenfalls auf einer mit brauner Tusche lavierten Darstellung dreier rauchender Affen finden sich Verwandtschaften in der großzĂŒgig-fleckigen Lavierung: Paris, MusĂ©e du Louvre, DĂ©partement des Arts Graphiques, Inv.-Nr. 20527, Ausst.-Kat. Antwerpen 2001, Nr. 139. Diese BezĂŒge können jedoch fĂŒr sich genommen nicht die alte Zuordnung bestĂ€tigen. Gegen einen Zusammenhang mit Teniers plĂ€dierte auch Erwin Pokorny nach Untersuchung des Originals (Mitteilung per E-Mail vom 14. 5. 2009).
2 Die Gesamtwirkung wird heute etwas verfremdet durch nachtrÀglich ergÀnzte und retuschierte Fehlstellen am linken Rand und im rechten oberen Drittel.
3 Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett, Inv.-Nr. KdZ 23609 (Pinsel in olivgrĂŒn ĂŒber Graphit, 207 x 225 mm).
4 FĂŒr das Hamburger Blatt vorgeschlagen von Martin Royalton-Kisch (mĂŒndlich, 1. 10. 2008, auf Grund-lage einer Digitalphotographie).
5 Dies wird bestÀtigt durch die NÀhe zu einer ebenfalls in Berlin verwahrten lavierten Kreidezeichnung Lodewijk de Vadders, Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett, Inv.-Nr. KdZ 14072, Elfried Bock, Jakob Rosenberg: Die niederlÀndischen Meister. Beschreibendes Verzeichnis sÀmtlicher Zeichnungen, Staatliche Museen zu Berlin. Die Zeichnungen alter Meister im Kupferstichkabinett, 2 Bde., Berlin 1930, Bd. 1, S. 291.
6 Z. B. auf der De Vadder bzw. zuvor D’Arthois zugeschriebenen „Furt vor einem Dorf“, Aukt.-Kat. Paris, Drouot, 30.–31. 1. 1991, Nr. 67.
7 Staatliche Museen zu Berlin, GemĂ€ldegalerie, Inv.-Nr. 853 b, Yvonne Thiery, Michael Kervyn de Meerendre: Les peintres Flamands de paysage au XVIIe siĂšcle. Le Baroque Anversois et l'Ă©cole Bruxelloise, BrĂŒssel 1987, Abb. S. 118; Paris, MusĂ©e du Louvre, Inv.-Nr. RF 2559, Gerard Knuttel: Adriaen Brouwer. The Master and his Work, Den Haag 1962, Abb. 109.
8 Vgl. Kat.-Nr. 172; vgl. etwa mit den SkizzenbuchblÀttern in Besançon, Musée des Beaux-Arts, Inv.-Nr. D 63, Gerard Knuttel: Adriaen Brouwer. The Master and his Work, Den Haag 1962, Abb. 117 und 118.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Verso auf dem Kaschierpapier unten links Stempel der Hamburger Kunsthalle (L. 1328)

Wasserzeichen / Kettenlinien

nicht feststellbar
nicht feststellbar

Provenienz

Georg Ernst Harzen (1790-1863), Hamburg (L. 1244) (NH Ad:01:02, fol. 66: "[David Teniers, der Sohn] Eine Gruppe BauernhĂŒtten unter hohen BĂ€umen, mit Feder und Bister effectvoll ausgefĂŒhrt. 5.1.4.3"; NH Ad: 02: 01, S. 271); Legat Harzen 1863 an die „StĂ€dtische Gallerie“ Hamburg; 1868 der Stadt ĂŒbereignet fĂŒr die 1869 eröffnete Kunsthalle

Bibliographie

Stefes, Annemarie: NiederlĂ€ndische Zeichnungen 1450-1850. Katalog I Van Aken-Murant, hrsg. von Gaßner, Hubertus und Stolzenburg, Andreas, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 3, Böhlau Verlag Köln Weimar Wien 2011, S.148-149, Nr.173