Francesco Salviati
Amazonenschlacht,
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Francesco Salviati

Amazonenschlacht,

Francesco Salviati

Amazonenschlacht

Das Blatt galt offensichtlich für Giovanni Battista Cipriani im 18. Jahrhundert als Werk Benvenuto Cellinis, bevor es Georg Ernst Harzen Perino del Vaga zuschrieb. Neumeyer und Stubbe folgten Harzens Einschätzung und brachten diese Zeichnung darüber hinaus mit dem thematisch identischen Kristallrelief auf der 1548 bis 1561 entstandenen Kassette des Kardinals Alessandro Farnese (Neapel, Museo di Capodimonte) in Verbindung. Dieses zu den herausragendsten Goldschmiedearbeiten der Renaissance zählende Werk wurde von Manno di Bastiano Sbarri (nachweisbar 1548–1561), einem Schüler Cellinis, ausgeführt. Künstlerischer Höhepunkt dieser Preziose sind sechs Steinkristallreliefs von Giovanni Bernardi (1494–1553), von denen vier von Perino del Vaga entworfen worden sind. Neben der Seeschlacht des Xerxes, dem Triumph des Bacchus und Silens, der Schlacht der Lapithen und Kentauren sowie der Jagd nach dem chalkedonischem Eber ist auch eine Amazonenschlacht dargestellt. Die Übereinstimmung zwischen dem Relief und der Hamburger Zeichnung ist allerdings derart allgemein, dass ein näherer künstlerischer Bezug nicht hergestellt werden kann. Hinzu kommt, dass Perinos eigenhändige Entwurfszeichnung des Amazonenkampfes weitgehend dem ausgeführten Relief an der Kassette entspricht.(Anm.1)
Catherine Monbeig-Goguel wies darauf hin, dass neben del Vaga zur gleichen Zeit auch Francesco Salviati für die Farnese gearbeitet hat. So ist gut denkbar, dass er ebenfalls Entwürfe für die Kristallreliefs anfertigte, die dann nicht zur Ausführung gelangten.(Anm.2)
Die „Amazonenschlacht“ könnte ebenso wie die Zeichnungen einer „Seeschlacht“ in Bayonne (Anm.3) und eines Silenzuges in Wien (Anm.4) Alternativentwürfe zur Cassetta Farnese darstellen. Alle drei Blätter sind als Ovale gestaltet und stimmen in der äußeren Form mit den Kristallreliefs überein. Weitere zu dieser Gruppe zugehörige Blätter befinden sich in Florenz (Anm.5) und in New York (Anm.6). Entfernt vergleichbar erscheint auch ein weiteres Blatt in Wien.(Anm.7)
Die Zuschreibung des Blattes an Salviati wurde offensichtlich erstmals von Catherine Monbeig-Goguel mit Vorbehalt vorgetragen und 1997 von Eckhard Schaar mit Nachdruck aufgegriffen. Diese Einschätzung ist seitdem mit leichten Zweifeln, aber letztlich zustimmend von Alessandro Nova (Anm.8) und ohne Einwände von Paul Joannides (Anm.9) bestätigt worden.

David Klemm

1 Paris, Musée du Louvre, Département des Arts Graphiques, Inv.-Nr. 594; vgl. Autour de Raphael. Dessins et peintures de Musée du Louvre, bearb. v. Roseline Bacou, Ausst.-Kat. Paris, Musée du Louvre, Paris 1983, S. 98–99.
2 Auch Michelangelo machte Entwürfe für die Reliefs, die nicht ausgeführt wurden. Vgl. Henry Thode: Michelangelo. Kritische Untersuchungen über seine Werke, Bd. 1, Berlin 1908 , II, S. 247–250.
3 Bayonne, Musée Bonnat, Inv.-Nr. 1225; vgl. Jacob Bean: Les dessins italiens de la collection Bonnat. Inventaire Générale des dessins des Musées de Province 4, Paris 1960, o. S., Nr. 149, mit Abb.
4 Wien, Albertina, Grafische Sammlung Inv.-Nr. 446; vgl. Veronika Birke, Janine Kertész: Die italienischen Zeichnungen der Albertina. Generalverzeichnis, Bd. I (Inv. 1-2000), Veröffentlichungen der Albertina Bd. 33, Wien, Köln, Weimar 1992, S. 252.
5 Florenz,Gabinetto Disegni e Stampe degli Uffizi, Inv.-Nr. 1577 E; 1612 E.
6 New York, The Pierpont Morgan Library, Inv.-Nr. 1964-3.
7 Wien, Albertina, Grafische Sammlung, Inv.-Nr. 492; vgl. Veronika Birke, Janine Kertész: Die italienischen Zeichnungen der Albertina. Generalverzeichnis, Bd. I (Inv. 1-2000), Veröffentlichungen der Albertina Bd. 33, Wien, Köln, Weimar 1992, S. 275–276.
8 Mündliche Mitteilung beim Besuch im Kupferstichkabinett, 1. 12. 2005.
9 Mündliche Mitteilung beim Besuch im Kupferstichkabinett, 7. 12. 2007.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Unten rechts in der goldenen Rahmung: Signet der Sammlung Esdaile (L. 2617); rechts davon: Stempel der Sammlung Udny (L. 2248); am unteren rechten Rand: Buchstabe, möglicherweise "K" (Feder in Hellbraun); auf dem Verso in der Mitte bezeichnet: "An Undoubted fine high finish'd,/Drawing of Benveduto[!] Celini -/for some Gold or Silver ornament,/Chipriani[!]" (Feder in Braun); unterhalb davon: Signet der Sammlung Thane (L. 1544); rechts davon: Stempel der Hamburger Kunsthalle (L. 1328); unten links bezeichnet: "Vaga fecit" (Bleistift)

Provenienz

Vielleicht Giovanni Battista Cipriani (1727-1785), Florenz, London (nicht bei Lugt), (laut Kat. Esdaile 1840, III, S. 10, Nr. 114); Robert Fullarton, Udny of Udny (1722-1802), London (L. 2248); John Thane (1748-1818), London (L. 1544); William Esdaile (1758-1837), London; auf dessen Nachlaßauktion 1840 in London von Georg Ernst Harzen (1790-1863), Hamburg (L. 1244), als Cellini erworben. (Lot. 2617 als Benvenuto Cellini); NH Ad : 02 : 01, S. 221 (als Perino del Vaga); NH Ad : 01 : 03, fol. 107 (als Perino del Vaga): "Die Amazonenschlacht. Dieselbe Ausführung [Feder und Tusche].Treffliche Zeichnung voll Gewühl[?] und Leben, von delikater Behandlung. Oval 8.2. 6.2 Samml. Udney, Esdaile 1803. Mit dem Autograph v Cipriani der das Blatt dem Cellini zuschreibt"; Legat Harzen 1863 an die "Städtische Gallerie" Hamburg; 1868 der Stadt übereignet für die 1869 eröffnete Kunsthalle

Bibliographie

David Klemm: Italienische Zeichnungen 1450-1800. Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 2, Köln u. a. 2009, S.331-332, Nr.496

Eckhard Schaar, David Klemm: Italienische Zeichnungen der Renaissance aus dem Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle 1997, S.106-107, Nr.54, Abb.58

Suzanne Folds McCullagh, Laura M. Giles: Italian Drawings before 1600 in the Art Institute of Chicago, Ausst.-Kat. Chicago 1997, S.219, Nr.282

Veronika Birke, Janine Kertész: Die italienischen Zeichnungen der Albertina. Generalverzeichnis, Bd. 1 (Inv. Nr. 1-2000), Wien, Köln, Weimar 1992, S.252, Nr.bei Inv. Nr. 446

Catherine Monbeig-Goguel: Inventaire Général des Dessins Italiens I. Maîtres toscans nés après 1500, morts avant 1600. Vasari et son temps, Paris 1972, S.138-139, Nr.167

Hundert Meisterzeichnungen aus der Hamburger Kunsthalle 1500-1800, Bd. 5, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle 1967, S.24, Nr.17, Abb.Taf. 19

[Wolf Stubbe]: Italienische Zeichnungen 1500-1800. Ausstellung aus den Beständen des Kupferstichkabinetts, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle 1957, S.18, Nr.68, Abb.Taf. 12

V. T. [nicht aufgelöst]: Amburgo: Mostra di disegni italiani dal XV al XVIII secolo, in: Emporium. Rivista mensile illustrata d'arte e di cultura 76, 1957, Nr. 126, S. 228-229, S.229

Alfred Neumeyer: Einige italienische Handzeichnungen aus dem Hamburger Kupferstichkabinett, in: Zeitschrift für Bildende Kunst, 62. Jahrgang, NF, 38. Jahrgang Leipzig 1928/29, S. 43-48, S.48, Abb.48

A Catalogue of the Very Important Collection of the late William Esdaile, Esq. Part III. Comprising Drawings, by Italian, German, Flemish, and Dutch Masters; which will besold by Auction,, Christie and Manson, 18.-23. 6. 1840, London, 1840, S.10, Nr.114