Diese Zeichnung war in der Kunsthalle zuletzt dem Umkreis Abraham Bloemaerts zugeordnet. Jedoch bestehen bei grundsätzlich verwandtem Motiv keine stilistischen Gemeinsamkeiten mit den ungleich geschmeidiger gearbeiteten Zeichnungen dieses Künstlers.(Anm.1)
Boon brachte 1963 das Blatt erstmals mit Jacob de Gheyn in Verbindung, was nach anfänglichem Zögern auch von Van Regteren Altena akzeptiert wurde.(Anm.2) Das Motiv erinnert an De Gheyns „Bauernhaus“ von 1603; Baumschlag, Bodenstruktur und der horizontal schraffierte Himmel verbinden mit De Gheyns frühen Landschaftszeichnungen in Berlin und Paris.(Anm.3) Gleichzeitig wirken diese Partien dort sicherer und flüssiger gezeichnet: Die schematisch „quergestreiften“ Stämme der Hamburger Zeichnung sowie das mit spitzer Feder vorsichtig umrandete Laub sprechen gegen De Gheyns eigene Hand. Diese Zweifel werden verstärkt durch Schwächen in der räumlichen Abfolge der Motive und vor allem durch den unbearbeitet stehengelassenen Blattgrund im Innern des Schuppens, so dass allenfalls eine Entstehung im Umkreis De Gheyns sinnvoll erscheint.(Anm.4) Ähnliche Schwächen und Schematismen begegnen auf einer als „Niederländisch, um 1600“ klassifizierten Zeichnung in Rotterdam.(Anm.5)
Die Bezeichnung in der linken oberen Blattecke, ausschlaggebend für die alte Zu-schreibung an Lucas Cranach, ist nach Van Regteren Altena ein späterer Zusatz, vielleicht von der Hand eines Sammlers.(Anm.6)

Annemarie Stefes

1 Für das Motiv vgl. Radierungen von Jacob Matham (H. 69, 1605) und Boëtius Adamsz. Bolswert (H. 344, 354, 355) nach Bloemaert-Entwürfen; vgl. auch Zeichnungen wie die „Landschaft“, Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett, Inv.-Nr. KdZ 274 „in der Art des Bloemaert“ oder die Bauernhaus-Zeichnungen in Wien, Grafische Sammlung Albertina, Inv.-Nr. 8140, Inv.-Nr. 8142, Inv.-Nr. 8143, Jaap Bolten: Abraham Bloemaert. The Drawings. Catalogue, 2 Bde, Leiden 2007, Nr. 1539, 1570, 1584.
2 Brief Boons vom 30. 7. 1973; Briefe Van Regteren Altenas vom 23. 7. 1963 und 2. 2. 1970, jeweils im Archiv des Kupferstichkabinetts der Hamburger Kunsthalle; vgl. auch J. Q. van Regteren Altena: Jacques de Gheyn. Three Generations, 3 Bde., Den Haag, Boston, London 1983. Die dort vorgeschlagene Identifikation des Hamburger Blattes mit einer der „Hüttenstudien“ der Sammlung Mariette (vgl. dessen Auktion 1775, Lugt Ventes 2453, Nr. 930 und 931) ist wenig wahrscheinlich, denn diese Blätter werden als „mit Tusche laviert“ beschrieben.
3 Amsterdam, Rijksprentenkabinet, Inv.-Nr. RP-T-1898-A-3972, J. Q. van Regteren Altena: Jacques de Gheyn. Three Generations, 3 Bde., Den Haag, Boston, London 1983, Bd. 2, Nr. 950; Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett, Inv.-Nr. KdZ 4177, ebd. Nr. 979; Paris, Musée du Louvre, Département des Arts Graphiques, Inv.-Nr. 19993, ebd. Nr. 963.
4 Dafür plädierten auch Marian Bisanz-Prakken und Egbert Haverkamp Begemann im Anschluss an das Symposium „Niederländische Altmeisterzeichnungen 1500 bis 1800“ am 21. und 22. 2. 2008 im Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle, während Peter Schatborn die Nähe zu De Gheyn grundsätzlich befürwortete. – Ähnlich locker verschliffene Konturen wie auf der Verso-Skizze finden sich auf einer Zeichnung De Gheyns in Paris, Musée du Louvre, Département des Arts Graphiques, Inv.-Nr. 19994, J. Q. van Regteren Altena: Jacques de Gheyn. Three Generations, 3 Bde., Den Haag, Boston, London 1983, Nr. 555.
5 Rotterdam, Museum Boijmans Van Beuningen, Inv.-Nr. N 181, Corpus Gernsheim 36429; eine gewisse Verwandtschaft besteht auch zu einer Zeichnung Adriaen Collaerts in London, Courtauld Institute of Art, Inv.-Nr. D.1952.RW.334.
6 J. Q. van Regteren Altena: Jacques de Gheyn. Three Generations, 3 Bde., Den Haag, Boston, London 1983, Bd. 2, S. 146.