Jacob Jordaens
Die Kindheit des Jupiter, nach 1635-40
Zurück Bildinfos ➕ 🗖

Jacob Jordaens

Die Kindheit des Jupiter, nach 1635-40

Jacob Jordaens

Die Kindheit des Jupiter, nach 1635-40

Die Kindheit des Jupiter, der von der Ziege Amalthea genährt und von Nymphen auf dem Gebirge Ida großgezogen wurde,(Anm.1) war im 17. Jahrhundert ein aufgrund seiner pastoralen Konnotation beliebtes Bildthema. Jacob Jordaens verlieh seiner Interpretation einen gewissen humoristischen Einschlag, wenn er den Knaben sich beschweren lässt über den von Amalthea umgestoßenen Milchkrug.
Der enge Bezug zu einem Gemälde in Kassel wurde unterschiedlich gedeutet.(Anm.2) D’Hulst, der die Zeichnung zunächst als Werkstattarbeit klassifizierte (1959), nahm sie 1974 in den Corpus der gesicherten Zeichnungen als „modello“ für das Gemälde auf.(Anm.3) Lugt (1949) hingegen sah in dem Blatt eine exakte eigenhändige Wiederholung, und an einen „ricordo“ dachten auch Jaffé und Haverkamp Begemann.(Anm.4) Gegen diese Auffassung und für die Sichtweise D’Hulsts sprechen jedoch die Abweichungen von dem Gemälde. Dies betrifft die hier knappere und weniger schwungvolle Anlage der Bäume und die schematisch angedeuteten Pflanzen rechts ebenso wie die Wiedergabe der Figuren. So wird das Geschlecht des nackten Knaben auf dem Gemälde von Blattwerk kaschiert, und das hier – in Übereinstimmung mit einer Detailstudie im Louvre – nackte Gesäß der melkenden Nymphe seitlich von einem Tuchzipfel bedeckt.(Anm.5) Gegen eine Deutung als „ricordo“ sprechen auch die von der finalen Deckfarbzeichnung abweichenden Pentimenti in Kreide an Brust, Beinen und Füßen der Nymphe.
Zudem ist das von Jaffé als „ricordo“ eingeordnete und zum Vergleich herangezogene Blatt in Berlin deutlich detaillierter gearbeitet.(Anm.6) Näher kommt unserem Blatt ein Gemäldeentwurf in Antwerpen.(Anm.7) Dieser ist auch zeitlich in die Nähe des Hamburger Blattes zu setzen und wie dieses auf einem aus mehreren Stücken zusammengesetzten Papier gezeichnet.(Anm.8) Nach Fertigstellung des „modello“ wurden am rechten und unteren Blattrand die Begrenzungen für die gemalte Fassung mit Kreide eingetragen.

Annemarie Stefes

1 Ovid, Fasti 5, 111–124.
2 Museumslandschaft Hessen Kassel, Gemäldegalerie Alte Meister, Inv.-Nr. 103.
3 Roger-Adolf d'Hulst: Jordaens Drawings, 2 Bde., Brüssel 1974, Bd. 1, S. 58 und 63.
4 Michael Jaffé: Jacob Jordaens 1593-1678, Ausst.-Kat. Ottawa, National Gallery of Canada, Ottawa 1968; Symposium „Niederländische Altmeisterzeichnungen 1500 bis 1800“ am 21. und 22. 2. 2008 im Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle.
5 Paris, Musée du Louvre, Département des Arts Graphiques, Inv.-Nr. 20022 (schwarze Kreide und Rötel), Roger-Adolf d'Hulst: Jordaens Drawings, 2 Bde., Brüssel 1974, Bd. 1, Nr. A 137. Vgl. auch das um 1630/35 datierte Gemälde gleichen Themas, Paris, Musée du Louvre, Département des Peintures, Inv.-Nr. 2013, Roger-Adolf D’Hulst, Nora de Poorter, Marc Vandenven, Hans Devisscher: Jacob Jordaens (1593-1678), Bd. 1: Schilderijen en Wandtapijten, Bd. 2: Tekeningen en prenten, Ausst.-Kat. Antwerpen, Koninklijk Museum voor Schone Kunsten, Antwerpen 1993, Nr. B 19.
6 „Landschaft mit Hirtenpaar“, Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett, Inv.-Nr. KdZ 1200 (299 x 442 mm), Michael Jaffé: Jacob Jordaens 1593-1678, Ausst.-Kat. Ottawa, National Gallery of Canada, Ottawa 1968, Nr. 187.
7 „Psyche, von Pan getröstet“, Antwerpen, Stedelijk Prentenkabinet, Inv.-Nr. 163 (282 x 367 mm), Roger-Adolf D’Hulst, Nora de Poorter, Marc Vandenven, Hans Devisscher: Jacob Jordaens (1593-1678), Bd. 1: Schilderijen en Wandtapijten, Bd. 2: Tekeningen en prenten, Ausst.-Kat. Antwerpen, Koninklijk Museum voor Schone Kunsten, Antwerpen 1993, Nr. B 41.
8 Zu dieser Praxis vgl. Roger-Adolf d'Hulst: Jordaens Drawings, 2 Bde., Brüssel 1974, Bd. 1, S. 59. Bei dem farblich abweichenden schmalen Streifen ganz rechts könnte es sich um eine spätere Anstückung handeln. Dies ist aufgrund der Kaschierung jedoch schwer zu erkennen.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Auf dem Verso unten links Stempel der Hamburger Kunsthalle (L. 1328)

Wasserzeichen / Kettenlinien

nicht feststellbar
nicht feststellbar

Provenienz

Georg Ernst Harzen (1790-1863), Hamburg (L. 1244) (NH Ad:01:02, fol. 33: "[J. Jordaens Forts.] Jupiter wird unter den Conybanden? mit der Milch der Ziege Amalthea groß gezogen. Hauptblatt in Röthel u Kreide. Saft und Deckfarben 11.0. 8.4"; NH Ad: 02: 01, S. 254); Legat Harzen 1863 an die „Städtische Gallerie“ Hamburg; 1868 der Stadt übereignet für die 1869 eröffnete Kunsthalle

Bibliographie

Stefes, Annemarie: Niederländische Zeichnungen 1450-1850. Katalog I Van Aken-Murant, hrsg. von Gaßner, Hubertus und Stolzenburg, Andreas, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 3, Böhlau Verlag Köln Weimar Wien 2011, S.305, Nr.493, Abb.Farbtafel S. 31

Petra Roettig, Annemarie Stefes, Andreas Stolzenburg: Von Dürer bis Goya. 100 Meisterzeichnungen aus dem Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle 2001, S.102-103, Nr.46, Abb.

Marc Vandenven u. a.: Jacob Jordaens (1593-1678), Bd. 1, Ausst.-Kat. Koninklijk Museum voor Schone Kunsten, Antwerpen 1993, S.154, bei Nr. A45

Roger-Adolf d'Hulst: Jacob Jordaens, Stuttgart 1982, S.335, Anm. 47

Walther Bernt: Die niederländischen Maler und Zeichner des 17. Jahrhunderts, Bd. 4, München 1979, Nr.327

Michael Jaffé: Figure Drawings attributed to Rubens, Jordaens and Cossiers in the Hamburger Kunsthalle, in: Jahrbuch der Hamburger Kunstsammlungen, 1971, S. 39-50, S.39

Michael Jaffé: Jacob Jordaens 1593-1678, Ausst.-Kat. Ottawa 1968, S.181, Nr.bei Nr. 188

Walther Bernt: Die niederländischen Zeichner des 17. Jahrhunderts, Bd. 2, München 1958, S.Bd. 1, Nr. 327

Walther Bernt: Die niederländischen Zeichner des 17. Jahrhunderts, Bd. 1, München 1957, S.Bd. 1, Nr. 327

Exposition internationale, coloniale, maritime et d'Art Flamand, Section d'Art Flamand ancien, Bd. 1, Ausst.-Kat. Antwerpen 1930, S.145, Nr.414

Roger-Adolf d'Hulst: Jordaens Drawings, Bd. 1, Brüssel 1974, Nr.A 138

Frits Lugt: École flamande, Musée du Louvre, Cabinet des Dessins. Inventaire général des dessins des Écoles du Nord, Paris 1949, S.73, Nr.bei Nr. 728

Trésor de l'Art Flamand du moyen age au XVIIIme siècle. Mémorial de l'exposition d'art flamand ancien à Anvers 1930, Bd. 2, Ausst.-Kat. Antwerpen, Paris 1932, S.36, Nr.414

Roger-Adolf d'Hulst: De Tekeningen van Jacob Jordaens, Brüssel 1956, S.353, bei Nr. 82; 406, Nr.207