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William Blakes Universum

William Blake (1757–1827) Europe a Prophecy, 1794 (Detail), Relief- und Weißlinienradierung, koloriert, 30,3 x 23,1 cm © The Fitzwilliam Museum, Cambridge

Presseinformation

Die Hamburger Kunsthalle prĂ€sentiert in einer großen Ausstellung das erstaunliche ƒuvre des englischen Zeichners, Graphikers und Dichters William Blake (1757–1827), das dieser um 1800 vor dem Hintergrund von Revolution und Krieg in Europa, Sklaverei in den europĂ€ischen Kolonien und der UnterdrĂŒckung im heimischen Großbritannien schuf. Blakes Arbeiten verknĂŒpfen seine Kritik an der damaligen Welt mit einer Vision von universeller Erlösung. Außerhalb Englands ist sein Werk noch immer wenig bekannt – seine mystischen Bilderwelten und seine dĂŒsteren literarischen Arbeiten finden jedoch bis heute Widerhall in der Popkultur. Die Ausstellung setzt Blakes Werk anhand von rund 90 Arbeiten auf Papier in Bezug zu ausgewĂ€hlten Arbeiten europĂ€ischer Zeitgenossen, sodass insgesamt rund 170 Werke zu sehen sein werden. Die Schau zeigt den KĂŒnstler zudem als einen wahrhaften EuropĂ€er, obwohl Blake Großbritannien nie verließ, und gewinnt damit eine besondere AktualitĂ€t.

Fast 50 Jahre nach der ersten, von David Bindman kuratierten William-Blake-Schau (1975) an der Hamburger Kunsthalle zeigt das Haus nun die zweite Museumsausstellung zu Blakes Werk in Deutschland ĂŒberhaupt. Erstmals werden jetzt sĂ€mtliche Blake-BestĂ€nde des Fitzwilliam Museum in Cambridge und das VermĂ€chtnis des bekannten Blake-Sammlers Geoffrey Keynes öffentlich prĂ€sentiert.

In drei Kapiteln – Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft – illustriert WILLIAM BLAKES UNIVERSUM entscheidende Aspekte der Kunst Blakes von seiner Ausbildung an der Royal Academy of Arts in London, ĂŒber seine BeschĂ€ftigung mit der Antike und der Renaissance bis hin zu seiner Begeisterung fĂŒr die mystischen Bildwelten der frĂŒhen Neuzeit. Das »Universum« im Ausstellungstitel bezieht sich auf die Welten, die Blake in seiner visionĂ€ren Phantasie erschaffen hat, aber auch auf den umfassenden intellektuellen und kĂŒnstlerischen Kosmos, in den seine Ideen und Bildfindungen einzuordnen sind. Seine deutschen Zeitgenossen Philipp Otto Runge (1777–1810) und Caspar David Friedrich (1774–1840) kannte er nicht und hat vielleicht nie von ihnen gehört, obwohl schon zu Lebzeiten Blakes eine Verbindung zwischen ihm und der damaligen deutschen Kunst hergestellt wurde. Runge und Friedrich wandten sich wie Blake im Angesicht vernichtender politischer Krisen der bildenden Kunst zu, um die Welt neu zu errichten: Der Romantiker Runge strebte ebenfalls an, die geistige Erneuerung des Menschen in kĂŒnstlerisch neuartiger Form sichtbar zu machen. Blakes Darstellungen der Reise der Seele vom Gefallensein bis zur Erlösung werden zudem mit Werken von Friedrich und von Zeitgenossen wie seinem jĂŒngeren Landsmann Samuel Palmer (1805–1881) in Bezug gesetzt, um die kĂŒnstlerischen Spannungen zwischen individueller, nationaler und universeller Befreiung um 1800 aufzuzeigen.

Die europĂ€ischen BezĂŒge von Blakes Werk ergeben sich zum einen aus seiner akademischen Ausbildung an der Royal Academy of Arts, die zutiefst antiken und italienischen Vorbildern verpflichtet war. Und zum anderen aus seiner Auseinandersetzung mit der Amerikanischen und der Französischen Revolution. Diese politischen und sozialen UmwĂ€lzungen greift Blake in seinen Hauptwerken America a Prophecy (1793–1821) und Europe a Prophecy (1794) auf, in denen er – reich an Symbolik und durchsetzt mit seiner eigenen Mythologie – die Revolutionen als einen Kampf zwischen den KrĂ€ften der Freiheit und der UnterdrĂŒckung darstellt. Den Konflikt verkörpern mythische Figuren wie »Orc«, der den rebellischen Geist reprĂ€sentiert, und »Urizen«, der fĂŒr das repressive System steht. Seine Texte kombinierte Blake mit bemerkenswerten Illustrationen, die seine visionĂ€ren Szenen darstellen: Die aufwendig handkolorierten Drucke auf Papier wurden durch eine von Blake selbst erfundene einzigartige Drucktechnik möglich – die Reliefradierung.

Die Schau ist eine Kooperation der Hamburger Kunsthalle mit dem Fitzwilliam Museum, University of Cambridge. Sie knĂŒpft an den Zyklus »Kunst um 1800« des ehemaligen Kunsthallendirektors Werner Hofmann an. In Hamburg war schon 1811 der erste biographische Beitrag zu William Blake in der von Friedrich Perthes herausgegebenen kritischen Zeitschrift »VaterlĂ€ndisches Museum«, verfasst von dem englischen Journalisten Henry Crabb Robinson, erschienen. Die Hansestadt kann sich mit der aktuellen Ausstellung somit mit Recht als ein Zentrum der PrĂ€sentation des Werkes von William Blake auf dem Kontinent bezeichnen.

Ein umfangreicher Katalog (380 Seiten, Hatje Cantz Verlag) ist zum Preis von 39 Euro im Museumsshop oder ĂŒber www.freunde-der-kunsthalle.de zum Buchhandelspreis von 54 Euro erhĂ€ltlich. In der App der Hamburger Kunsthalle stehen Audiotouren fĂŒr Erwachsene (deutsch und englisch) sowie fĂŒr Kinder und Jugendliche ab 8 Jahren (deutsch) zur VerfĂŒgung. Eine Animation in der Ausstellung sowie ein Kurzfilm stellen William Blake in den Kontext seiner Zeit. ZusĂ€tzlich schildert eine Begleitpublikation in Form einer Graphic Novel (deutsch und englisch / kostenlos fĂŒr die Besucher*innen zum Mitnehmen) von NoĂ«lle Kröger das Leben William Blakes.

Gefördert von: Freunde der Kunsthalle e. V., Hubertus Wald Stiftung, Philipp Otto Runge Stiftung, Wolfgang Ratjen Stiftung Liechtenstein, Tavolozza Foundation

In Kooperation mit dem Fitzwilliam Museum, Cambridge