Historisches Ereignis fĂŒr Hamburg

»Selbstbildnis Florenz« von Max Beckmann als Werk von nationalem Rang fĂŒr die Hamburger Kunsthalle erworben

Presseinformation

Die bisher teuerste Erwerbung in der Geschichte des Museums gelang mit UnterstĂŒtzung eines starken BĂŒndnisses namhafter Stiftungen

Der Hamburger Kunsthalle ist gemeinsam mit einem starken BĂŒndnis aus namhaften Stiftungen eine der bedeutendsten Anschaffungen fĂŒr die Sammlung in der Geschichte des Museums und damit ein spektakulĂ€rer Coup fĂŒr die Hansestadt gelungen. Zusammen mit der Stiftung Hamburger Kunstsammlungen, der Campe’schen Historischen Kunststiftung, der Kulturstiftung der LĂ€nder, der Hermann Reemtsma Stiftung und der Ernst von Siemens Kunststiftung konnte aus dem Nachlass Peter und Maja Beckmann das GemĂ€lde Selbstbildnis Florenz (1907) von Max Beckmann (1884–1950) erworben werden. Wenige andere Arbeiten von Max Beckmann sind von vergleichbarer PrĂ€gnanz und haben einen Ă€hnlich bestechenden Wiedererkennungswert wie dieses zentrale Werk. Aufgrund seiner Einzigartigkeit, der besonderen kĂŒnstlerischen QualitĂ€t, der eindeutig klaren Provenienz und der ungebrochenen öffentlichen Anerkennung Beckmanns ist das Selbstbildnis Florenz am Übergang des Impressionismus in den Expressionismus als ein herausragendes Beispiel fĂŒr Kunst und Kultur in Deutschland zu bewerten und damit ein Werk von nationalem Rang. Die Kaufsumme betrĂ€gt vier Millionen Euro – der Ankauf ist damit der bisher teuerste in der Geschichte der Hamburger Kunsthalle. Der Erwerb eines derartig hochrangigen Werkes konnte nach einem langjĂ€hrigen vertrauensvollen Kontakt zum Nachlass Beckmann realisiert werden. Das enorme private Engagement, das hinter den am Kauf beteiligten Stiftungen steckt, setzt eine Tradition fort, die wesentlich schon zur GrĂŒndung der Kunsthalle vor ĂŒber 150 Jahren gefĂŒhrt hat und nachhaltig in die Zukunft reicht.

Selbstbildnis Florenz (Öl auf Leinwand, 98 x 90 cm) ist das erste SelbstportrĂ€t Beckmanns, in dem er sich mit dem SelbstverstĂ€ndnis zeigte, das ihn als KĂŒnstler und Mensch kennzeichnete: Er prĂ€sentiert sich als Mann von Welt, als Mitglied der gehobenen Gesellschaft, und nicht als Maler. Mit selbstbewusstem Blick und in eleganter Kleidung posiert er vor einem Fenster mit Aussicht auf die toskanische Stadt Fiesole. Das Schwarz und Weiß von Anzug und Hemd heben sich kraftvoll von der Landschaft in Pastellfarben ab. Seiner rechten Hand verlieh Beckmann besonderes Gewicht: Obgleich nicht malend, sondern lĂ€ssig eine Zigarette haltend, vereint sie alle im GemĂ€lde verwendeten Farben in sich. 1906 fĂŒr sein GemĂ€lde Junge MĂ€nner am Meer mit dem Ehrenpreis des Deutschen KĂŒnstlerbundes ausgezeichnet, genoss Beckmann im Jahr darauf das Stipendium an der Villa Romana in Florenz – bereits als 23-JĂ€hriger schien er zu ahnen, dass eine erfolgreiche Zukunft vor ihm lag. 1907, im Entstehungsjahr des Bildes, wurde Beckmann Mitglied der Berliner Secession und etablierte sich als prĂ€gender KĂŒnstler im deutschen Kunstgeschehen. Nach dem Ersten Weltkrieg, der seinen frĂŒhen Erfolg jĂ€h unterbrochen hatte, ließ er sich in Frankfurt am Main nieder, lehrte am StĂ€delschen Kunstinstitut, stellte im In- und Ausland aus und galt Ende der 1920er Jahre schließlich als bedeutendster deutscher Maler. Zwanzig Jahre nach Selbstbildnis Florenz malte der KĂŒnstler Selbstbildnis im Smoking (heute im Harvard Art Museum) und wiederholte  darin die frĂŒhe Pose ĂŒberzeugter Selbstsicherheit im Gewand seines neuen, sachlich-expressiven Stils. WĂ€hrend Beckmann dieses Bild gleich an die Berliner Nationalgalerie verkaufte, trennte sich die Familie nicht von Selbstbildnis Florenz. Nach Beckmanns Tod im Jahr 1950 wurde das GemĂ€lde von 1952 an im In- und Ausland in zahlreichen Ausstellungen gezeigt sowie in einer Vielzahl von Publikationen besprochen.

Das Werk war stets im Besitz der Familie Beckmann und befindet sich seit dem Jahr 1991 als Dauerleihgabe in der Hamburger Kunsthalle. Es nimmt eine wichtige Position innerhalb des Gesamtbestandes des Muse-ums ein, ist ein zentrales Werk innerhalb der Klassischen Moderne und das HerzstĂŒck des Sammlungsschwerpunktes Beckmann. Durch die Erwerbung kann es nun dauerhaft als Spitzenwerk in der stĂ€ndigen PrĂ€sentation verbleiben. Aktuell ist das Werk das Highlight von Max Beckmann. weiblich–mĂ€nnlich (nach Aufhebung der Corona-bedingten derzeitigen Schließung wird die Ausstellung verlĂ€ngert bis zum 14. MĂ€rz 2021 gezeigt). Die Ausstellung untersucht erstmals die oft widersprĂŒchlichen Rollen von Weiblichkeit und MĂ€nnlichkeit im Werk Beckmanns, befragt es auf seine historische Bedeutung und auf seine AktualitĂ€t fĂŒr unsere Zeit.

Die Hamburger Kunsthalle ist eines der bedeutendsten Kunstmuseen Deutschlands und zĂ€hlt zu den wichtigsten musealen Sammlungen Klassischer Moderne in Deutschland. Das Haus beherbergt weltweit einen der bedeutendsten Max Beckmann-BestĂ€nde mit rund 25 GemĂ€lden und Plastiken sowie 250 Werken auf Papier. Die intensive BeschĂ€ftigung mit Beckmann in Hamburg folgt einer langen Tradition, die vom dritten Kunsthallendirektor Carl Georg Heise (Amtszeit von 1945 bis 1955) bis in die Jetztzeit reicht. Dank zahlreicher Erwerbungen – zuletzt die Plastiken Adam und Eva (2014) und Kriechende Frau (2016) – sowie wichtiger Leihgaben aus dem Nachlass kann die Kunsthalle Beckmanns vielfĂ€ltiges Schaffen in einem Span-nungsbogen von 1904 bis 1950 darstellen. In diesem Zeitraum entstand in Deutschland, im Amsterdamer Exil und schließlich in den USA das eindrucksvolle ƒuvre, in dem Beckmann die Vielfalt von IdentitĂ€t sowie deren Wandel unter sich verĂ€ndernden Ă€ußeren und inneren Bedingungen erkundet – das Menschenbild und darin das Selbstbildnis stets im Fokus habend.

Mayen Beckmann, Enkelin von Max Beckmann und Vertreterin des Nachlasses Beckmann:
»Als die Erben von Peter Beckmann im Jahr 1990 gebeten wurden das erste bedeutende Selbstportrait Max Beckmanns als Dauerleihgabe in die Hamburger Kunsthalle zu geben, haben wir spontan zugestimmt. Hamburg ist der Ort an dem Beckmanns erster großer Sammler beheimatet war, aus dessen Sammlung hier ein schönes Portrait von Minna Beckmann Tube aus der gleichen Zeit gezeigt wird. Das große Interesse aller Direktoren und der zustĂ€ndigen Kuratoren des Hauses seit dem 2. Weltkrieg lĂ€sst uns hoffen, das hier weiterhin mit KreativitĂ€t und Neugierde mit dem Werk Beckmanns umgegangen werden wird und das Bild dauerhaft einem interessierten Publikum zugĂ€nglich sein wird.«


Prof. Dr. Alexander Klar, Direktor der Hamburger Kunsthalle:
»Selbstbildnis Florenz ist ein prophetisches Werk: Der junge Maler Max Beckmann blickt uns, durchdrungen von lĂ€ssigem Selbstbewusstsein herausfordernd in die Augen, sichtlich wissend um das eigene Genie. Das Bild ist ein Meisterwerk das von jugendlichem DraufgĂ€ngertum, von technischem Können und der psychologischen FĂ€higkeit, mit seinen Betrachtern zu kommunizieren, getragen wird. Dieses Selbstbildnis ist die hohe Messlatte, an der sich die spĂ€teren Selbstportraits messen lassen mĂŒssen. Es ist Max Beckmanns Ursprungsbild, ein gemaltes Manifest eines KĂŒnstlers, der seine BeschĂ€ftigung mit dem eigenen Selbst als Paradigma der Menschheit begriff. «


Dr. Carsten Brosda, Senator fĂŒr Kultur und Medien:
»Mit dem Erwerb des Selbstbildnis Florenz ergĂ€nzt die Stiftung Hamburger Kunsthalle ihre Sammlung um ein zentrales Werk Max Beckmanns. Die intensive BeschĂ€ftigung mit Beckmann in Hamburg folgt einer langen, ungebrochenen Tradition. Dank zahlreicher Erwerbungen sowie wichtiger Leihgaben aus dem Nachlass Beckmann kann die Hamburger Kunsthalle Beckmanns vielfĂ€ltiges Schaffen heute in einem Spannungsbogen von 1904 bis 1950 darstellen. Es zeichnet die Hamburger Stiftungen aus, dass sie einmal mehr in einer konzertierten Aktion ein wichtiges Kunstwerk fĂŒr Hamburg sichern und gemeinsam mit der Kulturstiftung der LĂ€nder diesen Ankauf ermöglicht. DafĂŒr kann man nicht genug danken. «


Arndt Klippgen, GeschĂ€ftsfĂŒhrer der Stiftung Hamburger Kunstsammlungen:
»Es ist uns ein ganz besonderes Anliegen, dieses faszinierende SchlĂŒsselwerk von Max Beckmann jetzt dauerhaft fĂŒr die Hamburger Kunsthalle gesichert zu haben und als Dauerleihgabe ĂŒbergeben zu dĂŒrfen. Der mit weitem Abstand teuerste Ankauf im 64-jĂ€hrigen Bestehen unserer Stiftung ist durch ein Konsortium aus der Campe’schen Historischen Kunststiftung, der Kulturstiftung der LĂ€nder, der Hermann Reemtsma Stiftung und der Ernst von Siemens Kunststiftung gelungen. Mayen Beckmann sind wir sehr dankbar fĂŒr ihre faire Preisgestaltung. Ein weiterer Dank gebĂŒhrt unseren Stifterinnen und Stiftern. Durch ihre jahrelangen kontinuierlichen Spenden gelingen uns AnkĂ€ufe, mit denen Hamburg den Anschluss an ein internationales Spitzenniveau hĂ€lt. Sehr glĂŒcklich schließen wir mit diesem Meilenstein an bedeutende Erwerbungen von Beckmann-Werken durch unsere Stiftung fĂŒr die Hamburger Kunsthalle an.«


Prof. Dr. Markus Hilgert, GeneralsekretÀr der Kulturstiftung der LÀnder:
»Wir freuen uns, dass wir dazu beitragen konnten, dass dieses zentrale GemĂ€lde aus dem FrĂŒhwerk von Max Beckmann nun dauerhaft der Sammlung erhalten bleibt. Die Hamburger Kunsthalle kann so nicht nur fast 50 Jahre aus dem Schaffen Beckmanns in einem Zusammenhang prĂ€sentieren und vermitteln. Dass bei ihr die Digitalisierung und die wissenschaftliche Befassung mit dem Werk Beckmanns angesiedelt ist, ist eine ebenso logische wie erfreuliche Folge.«


Dr. Sebastian Giesen, Hermann Reemtsma Stiftung:
»Beckmanns grandioses Selbstbildnis von 1907 ist ein SchlĂŒsselwerk: fĂŒr den KĂŒnstler und sein SelbstverstĂ€ndnis, fĂŒr die Entwicklung der modernen Malerei in Deutschland zwischen Im- und Expressionismus und fĂŒr die Hamburger Kunsthalle. Wir freuen uns sehr, dass mit der jetzigen gemeinsamen Kraftanstrengung der Erwerb gelungen und der dauerhafte Verbleib in Hamburg gesichert ist. Wir danken insbesondere Familie Beckmann fĂŒr das große Vertrauen.«


Dr. Martin Hoernes, GeneralsekretÀr der Ernst von Siemens Kunststiftung:
»Der zweite Beckmann in diesem Jahr kann fĂŒr deutsche Museen gesichert werden! Max Beckmanns 1907 in Florenz entstandenes Selbstbildnis kann in der Hamburger Kunsthalle bleiben. Zusammen mit dem fĂŒr Frankfurt gesicherten Selbstbildnis mit Sektglas reprĂ€sentieren die GemĂ€lde wichtige Schaffensphasen des KĂŒnstlers und seine enge Verbindung mit Deutschland und seiner Geschichte. Gern hat sich die Ernst von Siemens Kunststiftung bei beiden Erwerbungen mit namhaften Summen beteiligt.«


Dr. Karin Schick, Leitung Klassische Moderne, Hamburger Kunsthalle:
»In diesem Selbstbildnis zeigt sich Max Beckmann als junger Maler mit höchstem Anspruch an sich und seine historische Bedeutung. Er sollte recht behalten: In der Kunstgeschichte ist er eine der großen Figuren der internationalen Moderne. Weil er seinen Blick zurĂŒck zu den Alten Meistern warf und seine Wirkung bis zur Kunst unserer Zeit anhĂ€lt, hat er Gewicht fĂŒr die ganze Sammlung der Kunsthalle von acht Jahrhunderten.«